Metz

Endlich mal wieder Frankreich! Heute früh sind wir in Göppingen aufgebrochen, wo wir liebe Freunde besucht haben. Von da sind wir mit gemütlichen achtzig bis neunzig Stundenkilometern immer Richtung Südwesten gefahren, vorbei an Stuttgart und Karlsruhe und durchs Rheintal bis Baden-Baden. Straßburg lassen wir links unten liegen, diese wunderschöne Stadt kennen wir schon von früheren Reisen. Wir folgen der A4 westwärts bis Metz.

Am Ufer der Mosel finden wir einen netten Camping Municipal und stellen uns direkt ans Ufer. Mit einem Spaziergang ins Zentrum verschaffen wir uns einen ersten Eindruck von dieser schönen Stadt voller gotischer und neugotischer Bauwerke.

Metz ist die Hauptstadt des Départements Moselle und war zuvor Hauptort der früheren Region Lothringen. Die Stadt war im Mittelalter ein Zentrum des merowingischen und des fränkischen Reichs und der Herkunftsort der Karolinger. Zwischen 1180 und 1210 wurde es Reichsstadt. 1552 besetzte der französische König Heinrich II. die freie Reichsstadt, welche im Westfälischen Frieden 1648 an Frankreich fiel.

Das sehenswerteste Baudenkmal ist zweifellos die Kathedrale, erbaut von 1220 bis 1520, mit über 40 Meter Gewölbehöhe eine der größten gotischen Kirchen. Über 6500 Quadratmeter farbige Glasfenster wirken derart atemberaubend, dass man sie auch als „die Laterne Gottes“ bezeichnet. Wir haben Glück, die Sonne scheint strahlend und das Innere erstrahlt in vielen Farbreflexen.

Mit dem Fahrrad erkunden wir die sehens- und erlebenswerte Stadt. Einige Straßen sind verkehrsberuhigt, vielfach gibt es Radwege und einige Straßen sind sogar ganz den Stadtbussen vorbehalten. Vorbildlich, finde ich, wie die Stadt an Qualität gewinnt, sobald der Autoverkehr auf das Notwendigste beschränkt wird.

Die Markthalle bietet allerlei Feines und Erlesenes zum Essen und Trinken, wenn auch die Gerüche teilweise sehr dominant für unsere vegetarischen Nasen sind.

Im Centre Pompidou bestaunen wir zeitgenössische Kunst,

an der Bras de la Pucelle schauen wir den Wildwasserkanuten zu, in der Altstadt lassen wir uns treiben und genießen französiches savoir vivre.

Sehr sehenswert finden wir auch die Kapelle der Templer aus dem 12. Jahrhundert. Die achteckige Kapelle ist gut erhalten, die Wandmalereien und Kirchenfenster allerdings stammen aus der Zeit der deutschen Annexion Lothringens Anfang des 20. Jahrhunderts.

Eisenerz und Grüner See

Die schöne Ortschaft Eisenerz hat schon bessere Tage erlebt, viel Leerstand, aber auch schöne alte Gebäude zeugen von der langen Geschichte des hiesigen Eisenerzabbaues. Schon als wir am Leopoldsteiner See auf das Städtchen Eisenerz zufahren, leuchtet uns in allen Rottönen der gigantische Tagebau entgegen. Im Laufe der Jahrhunderte haben die Bergleute den halben Berg abgetragen.

Am nächsten Tag geht’s weiter Richtung Grüner See. Gespeist von einigen Quellen entsteht dieses glasklare Gewässer jedes Frühjahr neu, eines der schönsten Geotope Österreichs.

Ein wenig abgelegen ist er außerdem, der Grüne See: Wir fahren rund eineinhalb Stunden auf einer steilen Schotterstraße durch zahllose Haarnadelkurven im ersten oder zweiten Gang bergauf, dann ab dem Hiaslegg bergab, was fast noch spannender ist: Wieder erster, zweiter Gang und Stotterbremse.

Am Hiaslegg

Der Weg lohnt sich zweifellos.

Am Grünen See
Spiegelung
Bei den Quellen

Bei den Quellen führt ein kleiner Steg übers Wasser. Vor einigen Jahren bin ich dort vorbei getaucht – damals war der Wasserstand rund drei Meter höher und das Tauchen war noch erlaubt.

Forelle

Auf dem Weg zum nächsten Stellplatz hat unser lieber Bus Jubiläum!

300000
Maskottchen freuen sich

Durchs Gesäuse

Eigentlich wollten wir ja auf der Enns paddeln. Aber: Schon vor Wörschach erscheint uns die Enns wie ein Kanal, der am Rande seiner Aufnahmekapazität steht. Mehr Wasser als wir mögen. Nein, das ist nichts für uns.

Gesäuseeingang

Also folgen wir der Enns weiter, soweit es geht, per Fahrrad und dann mit unserem braven Bus. Normalerweise kennt man Flüsse, die aus den Bergen zu Tal fließen, die Enns aber schlängelt sich hier mit geballter Wasserkraft rein in die Felsen. Daher auch der Name Gesäuse, nur dass es zur Zeit der Schneeschmelze eher an ein Gedonner erinnert.

Am Gesäuseeingang
Gesäuseeingang

Wir bestaunen die Stromschnellen der Enns, die sich durch ein enges Gebirgstal zwängt. Ein schmaler Streifen Auwald begleitet den dahin donnerden Wildfluss. schroff steigen die Felswände beiderseits in die Höhe.

Das Wetter in den Bergen ist sehr wechselhaft. Bei Regen gibt es ein wirklich sehenswertes Kulturprogramm: Den nächsten Tag verbringen wir großteils im Stift Admont. Fast tausend Jahre besteht der Benediktinerstift. Besonders berühmt ist sie wegen der größten Klosterbibliothek der Welt.

Der barocke Bibliothekssaal

Doch auch der Rest des Klostermuseums ist sehenswert und museumsdidaktisch gut aufbereitet.

Für jeden was dabei
Uralte Handschriften
Naturkundliche Sammlungen
Auf der alten Schulbank

Das Gesäuse ist perfekt für Wanderer und Outdoorfreunde. Mindestens einmal täglich regnet es, zwischendurch scheint zuverlässig auch immer wieder die Sonne und trocknet unsere klammen Klamotten.

Im Xseis
Wie viele Planeten brauch ich?

Im Nationalparkzentrum am Weidendom informieren wir uns über ressoucenschonende Lebensweise und bestimmen unseren ökologischen Fußabdruck.

Eine kleine Wanderung zur Lahnalm rundet unser Programm im Xseis ab.

Zweifel

Schön langsam kommen mir Zweifel, ob ich den Blog noch so weiter führen soll. Überall in Oberösterreich und im Salzkammergut, wo wir in letzter Zeit vorbei kamen, hat sich die Situation für Reisende im Kleinbus verschlechtert. Im Chiemgau und in Sachsen war es schon früher so. Frei stehen kannst du inzwischen so gut wie nirgendwo mehr. Schöne Plätze, wo wir vor wenigen Jahren noch gratis oder für einen geringen Obolus übernachteten, sind mittlerweile mit Halteverboten, Schranken und Schildern mit drakonischen Strafandrohungen versperrt.

Natürlich verstehe ich die Anwohner, die vielleicht auch selbst mal gern am See/ am Berg/ in der Natur parken wollen. Aber muss man dafür gleich ein generelles Haltverbot für Wohnmobile aufstellen? Selbst an meinem Haussee daheim darf ich nun mit dem VW-Bus nicht mehr parken. Wie soll ich mein SUP nun dort hin bringen? Dass der T4 nicht mehr Platz braucht als ein moderner SUV oder Pkw, ist dabei unerheblich. Und dass ich, im Gegensatz zu manchen anderen Zeitgenossen fast immer noch den Müll dort aufsammle, interessiert ja auch niemanden.

Heute stehen wir in Obertraun am Hallstätter See. Der Parkplatz ist eben und gepflegt. Er verfügt über einen Mülleimer, keine Toilette, das ist alles. Kostenpunkt: 30€ Stellgebühr und Kurtaxe. Vor zwei Jahren waren es noch 12€. Vielleicht sollten wir lieber Länder wie Aserbaidschan, Armenien und Kasachstan besuchen, da gibt es angeblich nicht so viele Wohnmobilisten.

Neulich waren wir ein paar Tage am Attersee und Wolfgangsee. Dort sind tagsüber viele Parkbuchten fest besetzt von Vans und Wohnmobilen. Fischer, Taucher und Radlfahrer konkurrieren mit den Einheimischen um die wenigen Plätze. Kein Wunder, dass diese stinksauer auf Gäste sind, die wenig oder kein Geld dalassen, aber dafür jede Menge Müll und Fäkalien.

Wir übernachten etwas abseits an einem der wenigen Plätze, wo das Freistehen noch nicht verboten ist. Neben uns steht ein größerer Pkw aus Tschechien. Eine fünfköpfige Familie speist vom Gaskocher, sie sitzen auf aberwitzig winzigen Höckerchen und frieren offensichtlich – es ist noch kühl in den Bergen Anfang Mai. Wir fragen, wie sie alle in dem Auto Platz zum Schlafen finden. „Wir schlafen im Wald.“, ist die Antwort des Vaters. Jeder, wie er’s mag.

Pücklers Park, Plattenbauten und Preusslers Krabat

Er war Fürst, Reisender, Schriftsteller, Frauenheld, vor allem Gartenkünstler: In Bad Muskau legte Hermann Fürst von Pückler den berühmten Landschaftspark an, der heute den Status als Weltkulturerbe hat. Im Schloss betrachten wir die sehr sehenswerte Ausstellung zu seinem Leben und seiner Zeit.

Wir fahren durch endlose Kiefernwälder und durchqueren die Lausitzer Seenlandschaft. Alle paar Meter steht ein Schild: Betreten verboten! Lebensgefahr! Warum erschließt sich nicht. Bei Nochten werden auch heute noch riesige Flächen abgeholzt, der Wald liegt abholbereit aufgestapelt.

Tagebau Nochten

Von den Orten Schwarze Pumpe und Hoyerswerda haben wir schon gehört. Die Plattenbauten wirken bedrückend auf uns. Mehrfach überquert unsere Route die Spree, die Elster und die Grenze Sachsen/Brandenburg. Wieder kommen wir durch sorbische Angerdörfer, da steht ein Wegweiser: Schwarzkollm. Krabats Zaubermühle wurde originalgetreu nachgebaut.

Krabats Mühle
Senftenberger See

Ein erfrischendes Bad im Senftenberger See rundet den Nachmittag ab. Die Wassertemperatur liegt zwar noch bei rund 10°C, aber umso besser prickelnd fühlt es sich an.

Auf den Spuren der Vorfahren

Mit Oybin setzen wir einen schönen Schlusspunkt unter das Kapitel Zittauer Gebirge.

Oybin

Wir verlassen das Dreiländereck Richtund Nordosten nach Görlitz, der Perle an der Neiße. Die Stadt meiner Vorfahren hat den Krieg weitgehend ohne Zerstörungen überstanden und ist inzwischen zum größten Teil sehr schön restauriert worden.

Im Rathaus erfahre ich ganz unkompliziert, wo sich das Elternhaus meines Vaters und das Geschäft der Großeltern befand.

Weiter geht’s entlang der Neiße, die hier die Grenze zu Polen markiert. Wir passieren endlose Kiefernwälder und einen riesigen Truppenübungsplatz. Nächste Station ist Bad Muskau.

Was stinkt hier so?

Ich riech nix.

Doch, merkst du es nicht?

Ah ja, das werden die Braunkohlekraftwerke hier sein…

Das stinkt ja furchtbar.

Echt?

ICH BEKOMME KOPFSCHMERZEN!

Wir halten an, um im Zittauer Gebirge zu wandern. Hier gibt es bizarre Felsformationen aus Sandstein. Einige erinnern an Gegenstände und Tiere.

Jahrhundertelang wurden hier in mühsamer Handarbeit Mühlsteine aus dem Fels geschlagen. Über Rutschen wurden diese dann zu Tal gebracht, um sie weiter zu bearbeiten und zu verkaufen.

Umgebindehaus

Zurück beim Parkplatz:

Das Auto stinkt!

Echt?

JA!!!

Ach guck mal, der Stecker von unserer Kühlbox ist ja ganz verkohlt. Ich muss wohl etwas an der Elektrik ändern…

Zweisprachige Beschilderung

Wir kommen durch das Siedlungsgebiet der Sorben, einer anerkannten Minderheit.

Das alte Zittau gefällt uns gut, aber die Naziparolen an den Häuserwänden, der extreme Leerstand an Geschäften und die verfallenden Stadthäuser stimmen uns nachdenklich. Viele Leute sind mit ihrem Leben im Dreiländereck Deutschland – Tschechien – Polen nicht zufrieden.

Zittau

Hässliche Hetzparolen an den Fassaden zeugen davon.

Ätzend
Noch schlimmer

Odyssee nach Burg Kriebstein

Von Wechselburg nach Burg Kriebstein sind es eigentlich nur cirka 25 Minuten Autofahrt. Allerdings gab es heute einige Umleitungen, und so verbrachten wir eineinhalb Stunden auf den krummsten und holprigsten Straßen der Republik. Die blühenden Landschaften, die uns einst Kanzler Kohl versprach, sind bis heute überwiegend verlassene Dörfer und Leerstand.

Burg Kriebstein

Wir entschliessen uns, nach Bautzen weiterzufahren. Die Hauptstadt der sorbischen Minderheit mit ihren unzähligen Türmen ist perfekt restauriert und wunderschön. Natürlich kaufen wir original Bautzener Senf ein. Kulinarisch sieht es für Vegetarier hier eher mager aus. Immerhin gibt’s einen Asiaten mit Veggi-Gerichten.

Bautzen
Rathaus Bautzen
St. Petri

Plauen und Wechselburg

Völlig willkürlich wählen wir aus hunderten Möglichkeiten Plauen als nächstes Ziel. Die Stadt der Spitzen und des Zeichners E.O. Plauen (Erich Ohser) begrüßt uns mit eisigem Wind und sehr dünn gestreuter Gastronomie. Immerhin finden wir Quartier im Garten einer freundlichen Dame und nach einigem Suchen auch eine geöffnete Gastwirtschaft.

Wo einst Goethe nicht speiste

Der Vater des deutschen Comics und Erfinder der Geschichten von Vater und Sohn, Erich Ohser nannte sich E.O. Plauen um dem Berufsverbot als Regimekritiker zu entgehen. Heute ehrt man ihn in der Stadt mit Skulpturen seiner Hauptfiguren.

Letzten Endes wurde er trotzdem denunziert, verhaftet und angeklagt. Der Verurteilung durch das NS- Volksgericht entging er durch Suizid.

Jugendstilfassade im Detail

Durch traurige Dörfer und über holprige Landstraßen bewegen wir uns langsam weiter Richtung Osten. Das nächste Ziel ist Wechselburg mit seiner romanischen Basilika, der best erhaltenen und ältesten in Sachsen. Rund 1000 Jahre alt ist das wirklich sehenswerte Bauwerk.

Kirche Wechselburg
Super Stellplatz an der Mulde

Wechselburg

Zwischendurch besuchen wir noch zwei berühmte Brücken: die Göltzschtalbrücke und die Elsterbrücke – leider eingerüstet wegen Instandsetzung.

Göltzschtalbrücke