Auf dem Weg nach Salerno geht noch alles gut, die Bahn ist bequem und bringt uns rasch nördlich um den Vesuv herum nach Salerno. Doch wir können leider nicht wie geplant mit dem Schiff weiter nach Minori, denn durch den heftigen Wind ist das Meer so aufgewühlt, dass der Fährbetrieb eingestellt wurde. Der Bus- und Autoverkehr ist folglich total überlastet, auf der Straße herrscht Stopp and Go. So brauchen wir für die nächste Etappe von knapp 40 km etwa fünf Stunden. Egal, irgendwann kommen wir an.

Heute ist Karfreitag. Das ganze Dorf ist auf den Beinen, die engen Gassen sind mit Kerzen, Fackeln und Feuerschalen erleuchtet.

Wir besuchen die Messe im Duomo und schauen zu, wie ein großes Kruzifix von jungen Pfadfindern feierlich durch die Kirche getragen wird. Von Kutten verhüllte Gläubige stellen sich in langer Reihe an, um das heilige Kreuz zu berühren.

Am Tag drauf gehen wir in den Bergen wandern. Der Weg zum Nachbardorf Ravello führt über viele Stufen bergauf durch Zitronenhaine. Etwa 400 Höhenmeter steigen wir auf und genießen den Duft von Glyzinien und Ginster, um dort die Villa Rufolo und den bezaubernden Garten Klingsor zu besuchen. Es heißt, Richard Wagner fühlte sich hier inspiriert zu Teilen seiner Oper Parzival. Jedenfalls ist der Ausblick auf die terrassierten Gärten und das Meer weit unten ein Genuss.






Hier wandelt man auf wahrhaft historischen Pfaden; einst wurde das Dorf hier oben in den Bergen in der spätrömischen Antike gegründet, weil man sich so vor den Überfällen der Barbaren geschützt fühlte. Eine romanische Kirche mit wunderschönen, beinahe byzantinisch anmutenden Kanzeln steht dort auch, rundherum ist großer Touristenrummel.



Am nächsten Tag fahren die Schiffe wieder, also besteigen wir die Fähre nach Amalfi. Das ist, von Minori aus gesehen, das übernächste Dorf Richtung Westen und namensgebend für die ganze Küste. Gut, dass wir früh dran sind, denn wir ahnen schon am Dorfplatz angesichts der Eisdielen, Imbissbuden, Restaurants und Boutiquen, die sich aneinander reihen: Dies ist ein touristischer Hotspot. Kaum hat man eine kleine Runde gedreht, schon ist man im Mahlstrom der sich schiebenden, drückenden Menschen gefangen. Das Örtchen ist hübsch, die Angebote vielfältig, aber etwa doppelt so teuer wie nebenan. Wir gönnen uns je ein Eis: zwölf Euro.





Das Nachbardorf heißt Atrani. Über zahlreiche Treppen und enge Gässchen kann man dorthin spazieren, ohne auf der überfüllten Straße laufen zu müssen. Hier ist es viel ruhiger und angenehmer. Wie Bausteine sind die Häuser vielfach ineinander verschachtelt am Meer entlang und in der Schlucht landeinwärts nach oben übereinander gebaut. M.C.Escher holte sich hier Inspirationen für seine vexierenden Treppenbilder und die ineinander verschlungenen Fisch- und Vogelmotive.
Der Verkehr auf der Küstenstraße kriecht deutlich langsamer dahin als wir Spaziergänger. Heute ist Ostersonntag, Mitte April und man findet noch ein paar ruhige Plätzchen, aber wie schrecklich geht es hier im Sommer zu? Zurück in Minori sind wir froh, dass „unser“ Dorf kein solcher touristischer Hotspot ist, noch nicht. Wer ist der größte Feind des Touristen? Der Taxifahrer? Die Andenkenverkäuferin? Nein, es sind die anderen Touristen.