Reims und der moderne Verkehr

Unser Wunschcamping ist leider voll, die Nacht verbringen wir auf einem kleinen Parkplatz neben einer Schleuse am Kanal La Vesle. Frankreich ist übrigens fast komplett durchzogen durch ein Netz von Kanälen. Um die Höhenunterschiede auszugleichen, gibt es immer wieder Schleusen, mit denen Fracht- und Personenschiffe angehoben bzw. abgesenkt werden. Auf unserem Abendspaziergang schauen wir bei solch einer Schleusung zu.

Unser Weg führt uns am nächsten Morgen weiter nach Reims in der Champagne. Die Stadt hat seit Neuestem eine Umweltzone; also darf unser grüner Blitz nicht hinein in die Innenstadt. Der VW T4 ist nämlich schon 30 Jahre alt und hat keinerlei Umweltplakette oder sonstigen Schnickschnack wie Kat oder Klima, nur ehrliches, rostiges Blech. Wir stellen ihn also in einem Industriegebiet außerhalb des Autobahnringes ab und steigen auf unsere Fahrräder um. Sicherheitshalber mache ich sogar noch ein Bildschirmfoto von meiner Navigations-App am Handy, damit ja nichts schief geht. Kaum fünf Kilometer westwärts und schon stehen wir vor der berühmten Kathedrale Notre Dame.

Das Bild oben ist von es.dreamtime.com – leider war das Hauptportal gerade komplett eingerüstet und verhüllt.

Die Kirche stammt im Wesentlichen aus dem 13. Jahrhundert, Vorläuferbauten aus dem 4. Jahrhundert. Außen hat der Stein der Fassade und der Skulpturen stark unter den Einflüssen unserer modernen Industriegesellschaft gelitten, innen jedoch ist die Atmosphäre besonders in den Kapellen rund um den Altarraum unbeschreiblich: Seit der Zerstörung im ersten Weltkrieg und dem Wiederaufbau danach wurden einige der riesigen Glasfenster von Künstlern neu entworfen worden, unter anderem auch von Marc Chagall.

Auf dem Rückweg freuen wir uns aufs Frühstück, denn heute sind wir schon sehr zeitig unterwegs. Also flink die Adresse unseres Startpunktes eingegeben, und schon geht es dahin. Komisch, sagt mein Schatz, der Weg führt ja gar nicht bergauf hier. Wir sind doch vorher einen Berg runter geradelt? Nach ewigen Irrwegen stellt sich heraus: Es gibt tatsächlich zwei Straßen des gleichen Namens in Reims, ich habe leider die falsche als Ziel gewählt und bin im blinden Vertrauen auf die Technik immer nach der App geradelt, meine brave Frau hinterher. Also nochmal eine halbe Stunde andersrum durch die Hitze, inzwischen geht es auf Mittag zu und wir hatten immer noch kein Frühstück. Verzweifelt verschlingen wir die zwei Croissants, die uns zum Glück noch in der City unterkamen.

Aber als wir bei unserem Bus ankommen, hat das Drama noch kein Ende. Alle unsere Navigations-Apps wollen partout über die Stadtautobahn durch die Umweltzone und lassen sich mit keinem Trick davon abhalten. Letztlich fahren wir einen Bogen von 30 oder 40 Kilometer bewusst in die falsche Richtung, biegen immer wieder genau anders ab als die App es will und landen dann unvermeidlich genau auf der falschen Straße. Also nochmal ein paar zig Kilometer Umweg… Hauptsache irgendwann irgendwo ankommen und duschen – es hat mindestens 35 Grad im Cockpit unseres Reisemobils.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.