Von der Alabasterküste nach Bayeux

Heute ist ein Fahrtag. Und zum Glück hält der Auspuff. Von Sotteville-sur-mer über Fecamp (sehr viele Menschen) und Etretat (noch mehr Menschen) fahren wir Richtung Westen.

Wir streifen die beiden Orte nur kurz. Es ist sehr touristisch und viel zu voll. Das gefällt uns nicht, auch wenn die normannischen Küstendörfer malerisch aussehen.

Weiter geht’s an Le Havre vorbei und zur Pont du Normandie. Die riesige Brücke überspannt in einem hohen, weiten Bogen die Seine und die umliegenden Feuchtgebiete.

Honfleur heißt der noble Ort gegenüber, ebenso im typisch normannischen Stil und sehr gut erhalten. Hier ist der schönste Hafen des Nordens: Die Altstadt schmiegt sich mit vielen engen Gassen drum herum. Sehr schön, sehr gut erhalten, sehr voll mit Menschen.

Die Kirche St. Katharina aus dem 15. Jahrhundert ist die größte Holzkirche Frankreichs, errichtet von Schiffsbauern – was man ihr auch irgendwie ansieht.

Nachdem sich die Stellplätze im Ort als schrecklich erweisen, fahren wir weiter nach Bayeux an der Côte de Nacre. Bei rund 30 Grad und ohne Klimaanlage erweist sich das als ziemlich anstrengend. Nach acht Stunden unterwegs würde man gern mal wo ankommen, aber der riesige Camping Municipal von Bayeux ist voll belegt.

Zum Glück! Kurz drauf finden wir einen kleinen, gemütlichen Platz auf einem Bauernhof etwas außerhalb. Besser geht es nicht.

Sotteville-sur-Mer

Man kann auch mal einen Tag am Strand vertrödeln. Und man sollte. Denn das ist auch schön. Gestern schlängelten wir uns über schmale Feldwege zwischen staubigen, abgeernteten Äckern durch. Links brannte uns die Sonne ins Gesicht, rechts war ein Landwirt auf seinem Fahrzeug unterwegs, um das trockene Stroh zu wenden. Wir konnten es gar nicht glauben, welch ein entzückendes kleines Dorf uns in Sotteville-sur-Mer erwartete. Die typischen Fachwerk- und Steinhäuser mit den steilen Schieferdächern, enge Gassen und ein schöner Dorfplatz rufen im Chor: Hier ist es gemütlich und jeder ist willkommen. Ein Bäcker, ein kleiner Markt und freundliche Einheimische, die stets lächeln und zu einem kleinen Gespräch aufgelegt sind. Das Meer ist ziemlich wild, besonders bei Flut und Westwind. Da muss man schon aufpassen, dass die Wellen einem nicht die Kiesel unter den Füßen wegspült. Bei Ebbe dagegen gibt es einen weiten Sandstrand, bis das Wasser tief genug zum Schwimmen ist, muss man einige Meter weit hinein waten. So jedenfalls haben wir es im Nachbardorf Veules-les-Roses erlebt, hier in Sotteville gibt es zwar eine Treppe zwischen den Kreidefelsen hinunter in die Brandung, der Zugang zum Kiesstrand jedoch ist gesperrt – zu gefährlich.

Veules-les-Roses ist genauso hübsch wie unser Dörfchen. aber etwas größer und es hat vor allem eine richtige Strandpromenade mit Cafés und Läden. Außerdem mündet hier der kürzeste Fluss Frankreichs ins Meer: Die Veule ist gerade mal einen Kilometer lang, kristallklar und sehr kühl. Das Flüsschen wird an mehreren Stellen in Becken aufgestaut, um darin Brunnenkresse zu ziehen. Ein kleines Naturparadies!

Gotik, Fachwerk und Kreidefelsen

In Beauvais sollte eigentlich mal die größte christliche Kirche der Welt entstehen. Der damalige Bischof, der zugleich Graf der Landschaft war, muss ein wenig größenwahnsinnig gewesen sein, denn er ließ ein wahres Monstrum von einer Kirche planen. Errichtet wurde nur der Chor des Gotteshauses. Mit 48,50 Meter Höhe ist es dennoch bis heute das höchste Kirchengewölbe der Welt. Zum Glück ging den Leuten in Beauvais ziemlich bald das Geld für den Bau aus und so blieb das Ganze ein Torso. Nichtsdestoweniger ein sehr beindruckender Torso.

Wir haben noch nicht genug von der Gotik und fahren weiter nach Norden. Leider gibt unser treuer alter VW T4 seit einiger Zeit zunehmend lautere Geräusche von sich, der leiseste war er ja noch nie. Aber auf den letzten paar Hundert Kilometern röhrt er wie ein alter Traktor.

Unser nächstes Ziel ist Rouen, zur Zeit seiner Blüte nach Paris zweitgrößte Stadt Frankreichs und durch die Wollweberei eine mittelalterliche Boomtown. Natürlich gibt es auch hier eine Kathedrale, man hielt ja etwas auf sich seinerzeit. Außerdem steht da noch die Uhr le Gros Horloge im gleichnamigen Tor: Sie wurde im 14. Jahrhundert gebaut und lief bis 1928 ohne Störung. 5 Millionen Stunden! Das soll mal eine Apple watch oder ein Laptop unserer Tage nachmachen.

Die Umweltzonen von Rouen haben wir mit viel Mühe umschifft, aber unser Grüner Blitz tönt mittlerweile wie ein heiserer alter Troll mit Bronchitis. Besonders bergauf im ersten Gang klingt es ein wenig nach startendem Starfighter. Abhilfe bringt hoffentlich ein Pflaster aus dem Kaufhaus – hoffentlich hält es möglichst lange. Schwierig genug war es, das Reparaturmaterial zu finden.

Immerhin haben wir es heute bis zum Ärmelkanal geschafft: Sotteville-sur-mer ist ein wunderschönes kleines Dorf und das Wetter spielt auch mit. Ab ins Meer!

Reims und der moderne Verkehr

Unser Wunschcamping ist leider voll, die Nacht verbringen wir auf einem kleinen Parkplatz neben einer Schleuse am Kanal La Vesle. Frankreich ist übrigens fast komplett durchzogen durch ein Netz von Kanälen. Um die Höhenunterschiede auszugleichen, gibt es immer wieder Schleusen, mit denen Fracht- und Personenschiffe angehoben bzw. abgesenkt werden. Auf unserem Abendspaziergang schauen wir bei solch einer Schleusung zu.

Unser Weg führt uns am nächsten Morgen weiter nach Reims in der Champagne. Die Stadt hat seit Neuestem eine Umweltzone; also darf unser grüner Blitz nicht hinein in die Innenstadt. Der VW T4 ist nämlich schon 30 Jahre alt und hat keinerlei Umweltplakette oder sonstigen Schnickschnack wie Kat oder Klima, nur ehrliches, rostiges Blech. Wir stellen ihn also in einem Industriegebiet außerhalb des Autobahnringes ab und steigen auf unsere Fahrräder um. Sicherheitshalber mache ich sogar noch ein Bildschirmfoto von meiner Navigations-App am Handy, damit ja nichts schief geht. Kaum fünf Kilometer westwärts und schon stehen wir vor der berühmten Kathedrale Notre Dame.

Das Bild oben ist von es.dreamtime.com – leider war das Hauptportal gerade komplett eingerüstet und verhüllt.

Die Kirche stammt im Wesentlichen aus dem 13. Jahrhundert, Vorläuferbauten aus dem 4. Jahrhundert. Außen hat der Stein der Fassade und der Skulpturen stark unter den Einflüssen unserer modernen Industriegesellschaft gelitten, innen jedoch ist die Atmosphäre besonders in den Kapellen rund um den Altarraum unbeschreiblich: Seit der Zerstörung im ersten Weltkrieg und dem Wiederaufbau danach wurden einige der riesigen Glasfenster von Künstlern neu entworfen worden, unter anderem auch von Marc Chagall.

Auf dem Rückweg freuen wir uns aufs Frühstück, denn heute sind wir schon sehr zeitig unterwegs. Also flink die Adresse unseres Startpunktes eingegeben, und schon geht es dahin. Komisch, sagt mein Schatz, der Weg führt ja gar nicht bergauf hier. Wir sind doch vorher einen Berg runter geradelt? Nach ewigen Irrwegen stellt sich heraus: Es gibt tatsächlich zwei Straßen des gleichen Namens in Reims, ich habe leider die falsche als Ziel gewählt und bin im blinden Vertrauen auf die Technik immer nach der App geradelt, meine brave Frau hinterher. Also nochmal eine halbe Stunde andersrum durch die Hitze, inzwischen geht es auf Mittag zu und wir hatten immer noch kein Frühstück. Verzweifelt verschlingen wir die zwei Croissants, die uns zum Glück noch in der City unterkamen.

Aber als wir bei unserem Bus ankommen, hat das Drama noch kein Ende. Alle unsere Navigations-Apps wollen partout über die Stadtautobahn durch die Umweltzone und lassen sich mit keinem Trick davon abhalten. Letztlich fahren wir einen Bogen von 30 oder 40 Kilometer bewusst in die falsche Richtung, biegen immer wieder genau anders ab als die App es will und landen dann unvermeidlich genau auf der falschen Straße. Also nochmal ein paar zig Kilometer Umweg… Hauptsache irgendwann irgendwo ankommen und duschen – es hat mindestens 35 Grad im Cockpit unseres Reisemobils.

Verdun

Die Schrecken des ersten Weltkrieges sollten uns ermahnen, damit es nie wieder zu solchen Grauen kommt. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Überall auf der Welt, sogar in Europa toben auch heute schreckliche Kriege.

Verdun hat sich den Titel „Ville de la paix“ (Stadt des Friedens) gegeben. Ich wünsche mir, dass sich alle verantwortlichen Politiker und Despoten unserer Zeit die Gedenkstätten und Soldatenfriedhöfe mal in einer ruhigen Stunde genau betrachten mögen. Tatsächlich informieren die Texttafeln im Memorial und im Wald um Fleury devant Douaumont unparteiisch und ohne jeden nationalistischen Pathos über das grauenhafte Blutbad des Stellungskrieges im ersten Weltkrieg 1914 bis 1918.

Seltsam bucklig scheint der Boden hier im lichten Wald. Die Vertiefungen im Boden sind Granatentrichter und die Vertiefungen der Keller von Häusern des zerstörten Dorfes, das hier einst war. Kleine Pfosten mit Schildern erinnern an die Höfe und Handwerkerhäuser, die einst hier standen. Insgesamt sechzehn Mal wurde der Ort abwechselnd von den deutschen und den französischen Truppen erobert und zurückerobert, bis schließlich kein Stein mehr auf dem andern ruhte, kein Baum und kein Strauch, geschweige denn kein sonstiges lebendes Wesen mehr hier existierte.

In den Bunkern und Schützengräben um Verdun starben an die 800.000 überwiegend junge Männer auf beiden Seiten. Im Wald bei Fleury stehen noch heute die Lüftungskamine der französischen Befestigungsanlage Les quatre cheminees. Wir spazieren durch den friedlichen Wald zum Bunkereingang, der tiefer im Geländeeinschnitt liegt. Das Betreten ist verboten, das Gitter aber offen und so kann man einfach hinuntersteigen in die blutgetränkte Erde.

Die von Munition und Blei vergiftete Erde hat sich zu einem Biotop seltener Orchideen entwickelt. Das Dorf Fleury wurde nicht wieder aufgebaut, eine moderne Gedenkstätte ein paar Hundert Meter weiter errichtet. Etwas über zwei Stunden brauchen wir, die Ausstellung zu besichtigen, dann sind wir völlig geschafft. Natürlich ist dies nur ein Ort von vielen, ein Hügel unter Dutzenden, die im Krieg komplett zerschunden wurden. Man könnte noch die beiden Forts und das Beinhaus besichtigen, doch das ist uns heute nicht mehr möglich. Wir sind geschafft von den Eindrücken.

Metz

Endlich mal wieder Frankreich! Heute früh sind wir in Göppingen aufgebrochen, wo wir liebe Freunde besucht haben. Von da sind wir mit gemütlichen achtzig bis neunzig Stundenkilometern immer Richtung Südwesten gefahren, vorbei an Stuttgart und Karlsruhe und durchs Rheintal bis Baden-Baden. Straßburg lassen wir links unten liegen, diese wunderschöne Stadt kennen wir schon von früheren Reisen. Wir folgen der A4 westwärts bis Metz.

Am Ufer der Mosel finden wir einen netten Camping Municipal und stellen uns direkt ans Ufer. Mit einem Spaziergang ins Zentrum verschaffen wir uns einen ersten Eindruck von dieser schönen Stadt voller gotischer und neugotischer Bauwerke.

Metz ist die Hauptstadt des Départements Moselle und war zuvor Hauptort der früheren Region Lothringen. Die Stadt war im Mittelalter ein Zentrum des merowingischen und des fränkischen Reichs und der Herkunftsort der Karolinger. Zwischen 1180 und 1210 wurde es Reichsstadt. 1552 besetzte der französische König Heinrich II. die freie Reichsstadt, welche im Westfälischen Frieden 1648 an Frankreich fiel.

Das sehenswerteste Baudenkmal ist zweifellos die Kathedrale, erbaut von 1220 bis 1520, mit über 40 Meter Gewölbehöhe eine der größten gotischen Kirchen. Über 6500 Quadratmeter farbige Glasfenster wirken derart atemberaubend, dass man sie auch als „die Laterne Gottes“ bezeichnet. Wir haben Glück, die Sonne scheint strahlend und das Innere erstrahlt in vielen Farbreflexen.

Mit dem Fahrrad erkunden wir die sehens- und erlebenswerte Stadt. Einige Straßen sind verkehrsberuhigt, vielfach gibt es Radwege und einige Straßen sind sogar ganz den Stadtbussen vorbehalten. Vorbildlich, finde ich, wie die Stadt an Qualität gewinnt, sobald der Autoverkehr auf das Notwendigste beschränkt wird.

Die Markthalle bietet allerlei Feines und Erlesenes zum Essen und Trinken, wenn auch die Gerüche teilweise sehr dominant für unsere vegetarischen Nasen sind.

Im Centre Pompidou bestaunen wir zeitgenössische Kunst,

an der Bras de la Pucelle schauen wir den Wildwasserkanuten zu, in der Altstadt lassen wir uns treiben und genießen französiches savoir vivre.

Sehr sehenswert finden wir auch die Kapelle der Templer aus dem 12. Jahrhundert. Die achteckige Kapelle ist gut erhalten, die Wandmalereien und Kirchenfenster allerdings stammen aus der Zeit der deutschen Annexion Lothringens Anfang des 20. Jahrhunderts.

Eisenerz und Grüner See

Die schöne Ortschaft Eisenerz hat schon bessere Tage erlebt, viel Leerstand, aber auch schöne alte Gebäude zeugen von der langen Geschichte des hiesigen Eisenerzabbaues. Schon als wir am Leopoldsteiner See auf das Städtchen Eisenerz zufahren, leuchtet uns in allen Rottönen der gigantische Tagebau entgegen. Im Laufe der Jahrhunderte haben die Bergleute den halben Berg abgetragen.

Am nächsten Tag geht’s weiter Richtung Grüner See. Gespeist von einigen Quellen entsteht dieses glasklare Gewässer jedes Frühjahr neu, eines der schönsten Geotope Österreichs.

Ein wenig abgelegen ist er außerdem, der Grüne See: Wir fahren rund eineinhalb Stunden auf einer steilen Schotterstraße durch zahllose Haarnadelkurven im ersten oder zweiten Gang bergauf, dann ab dem Hiaslegg bergab, was fast noch spannender ist: Wieder erster, zweiter Gang und Stotterbremse.

Am Hiaslegg

Der Weg lohnt sich zweifellos.

Am Grünen See
Spiegelung
Bei den Quellen

Bei den Quellen führt ein kleiner Steg übers Wasser. Vor einigen Jahren bin ich dort vorbei getaucht – damals war der Wasserstand rund drei Meter höher und das Tauchen war noch erlaubt.

Forelle

Auf dem Weg zum nächsten Stellplatz hat unser lieber Bus Jubiläum!

300000
Maskottchen freuen sich

Durchs Gesäuse

Eigentlich wollten wir ja auf der Enns paddeln. Aber: Schon vor Wörschach erscheint uns die Enns wie ein Kanal, der am Rande seiner Aufnahmekapazität steht. Mehr Wasser als wir mögen. Nein, das ist nichts für uns.

Gesäuseeingang

Also folgen wir der Enns weiter, soweit es geht, per Fahrrad und dann mit unserem braven Bus. Normalerweise kennt man Flüsse, die aus den Bergen zu Tal fließen, die Enns aber schlängelt sich hier mit geballter Wasserkraft rein in die Felsen. Daher auch der Name Gesäuse, nur dass es zur Zeit der Schneeschmelze eher an ein Gedonner erinnert.

Am Gesäuseeingang
Gesäuseeingang

Wir bestaunen die Stromschnellen der Enns, die sich durch ein enges Gebirgstal zwängt. Ein schmaler Streifen Auwald begleitet den dahin donnerden Wildfluss. schroff steigen die Felswände beiderseits in die Höhe.

Das Wetter in den Bergen ist sehr wechselhaft. Bei Regen gibt es ein wirklich sehenswertes Kulturprogramm: Den nächsten Tag verbringen wir großteils im Stift Admont. Fast tausend Jahre besteht der Benediktinerstift. Besonders berühmt ist sie wegen der größten Klosterbibliothek der Welt.

Der barocke Bibliothekssaal

Doch auch der Rest des Klostermuseums ist sehenswert und museumsdidaktisch gut aufbereitet.

Für jeden was dabei
Uralte Handschriften
Naturkundliche Sammlungen
Auf der alten Schulbank

Das Gesäuse ist perfekt für Wanderer und Outdoorfreunde. Mindestens einmal täglich regnet es, zwischendurch scheint zuverlässig auch immer wieder die Sonne und trocknet unsere klammen Klamotten.

Im Xseis
Wie viele Planeten brauch ich?

Im Nationalparkzentrum am Weidendom informieren wir uns über ressoucenschonende Lebensweise und bestimmen unseren ökologischen Fußabdruck.

Eine kleine Wanderung zur Lahnalm rundet unser Programm im Xseis ab.

Zweifel

Schön langsam kommen mir Zweifel, ob ich den Blog noch so weiter führen soll. Überall in Oberösterreich und im Salzkammergut, wo wir in letzter Zeit vorbei kamen, hat sich die Situation für Reisende im Kleinbus verschlechtert. Im Chiemgau und in Sachsen war es schon früher so. Frei stehen kannst du inzwischen so gut wie nirgendwo mehr. Schöne Plätze, wo wir vor wenigen Jahren noch gratis oder für einen geringen Obolus übernachteten, sind mittlerweile mit Halteverboten, Schranken und Schildern mit drakonischen Strafandrohungen versperrt.

Natürlich verstehe ich die Anwohner, die vielleicht auch selbst mal gern am See/ am Berg/ in der Natur parken wollen. Aber muss man dafür gleich ein generelles Haltverbot für Wohnmobile aufstellen? Selbst an meinem Haussee daheim darf ich nun mit dem VW-Bus nicht mehr parken. Wie soll ich mein SUP nun dort hin bringen? Dass der T4 nicht mehr Platz braucht als ein moderner SUV oder Pkw, ist dabei unerheblich. Und dass ich, im Gegensatz zu manchen anderen Zeitgenossen fast immer noch den Müll dort aufsammle, interessiert ja auch niemanden.

Heute stehen wir in Obertraun am Hallstätter See. Der Parkplatz ist eben und gepflegt. Er verfügt über einen Mülleimer, keine Toilette, das ist alles. Kostenpunkt: 30€ Stellgebühr und Kurtaxe. Vor zwei Jahren waren es noch 12€. Vielleicht sollten wir lieber Länder wie Aserbaidschan, Armenien und Kasachstan besuchen, da gibt es angeblich nicht so viele Wohnmobilisten.

Neulich waren wir ein paar Tage am Attersee und Wolfgangsee. Dort sind tagsüber viele Parkbuchten fest besetzt von Vans und Wohnmobilen. Fischer, Taucher und Radlfahrer konkurrieren mit den Einheimischen um die wenigen Plätze. Kein Wunder, dass diese stinksauer auf Gäste sind, die wenig oder kein Geld dalassen, aber dafür jede Menge Müll und Fäkalien.

Wir übernachten etwas abseits an einem der wenigen Plätze, wo das Freistehen noch nicht verboten ist. Neben uns steht ein größerer Pkw aus Tschechien. Eine fünfköpfige Familie speist vom Gaskocher, sie sitzen auf aberwitzig winzigen Höckerchen und frieren offensichtlich – es ist noch kühl in den Bergen Anfang Mai. Wir fragen, wie sie alle in dem Auto Platz zum Schlafen finden. „Wir schlafen im Wald.“, ist die Antwort des Vaters. Jeder, wie er’s mag.