Fichtelgebirge und Vogtland

Die Nacht im Bus ist wieder eisig. Morgens liegt tatsächlich Schnee auf der Frontscheibe. Ein warmes Lob auf unsere Heizung! Eigentlich wollten wir heute im Fichtelgebirge wandern, aber dafür ist unsere Kleidung nicht ausgelegt. Wir können uns lediglich zu einem Spaziergang zur Zeche „Kleiner Johannes“ motivieren. Hier wurden seit dem Mittelalter verschiedene Erze abgebaut, zunächst im Tagebau, später in tiefen Stollen.

Trotz Schneesturm fahren wir weiter nach Wunsiedel, das Zentrum des Sechsämterländes. Die Altstadt hat einen leicht morbiden Charme: Mittelalterliche Bauten, klassizistische Gebäude, aber auch viel Leerstand und Verfall.

Das mittelalterliche Sigmund-Wann-Spital
Koppetentor

Die Luisenburg haben wir bereits letztes Jahr angesehen, also nehmen wir uns heute das Fichtelgebirgsmuseum vor. Eine gute Entscheidung, auch angesichts des ungemütlichen Wetters. Es handelt sich um eines der größten Heimatmuseen Bayern und zeigt auf über 3000 Quadratmetern nicht nur Mineralien und Handwerk, sondern auch Spielzeug, historische Möbel, Werkstätten und vieles mehr. Dem Autor Jean Paul sowie den politischen Attentäter Karl Ludwig Sand, beide in Wunsiedel geboren, sind eigene Räume gewidmet.

Mineraliensammlung

Angesichts der stetig sinkenden Temperaturen sinkt auch unsere Wanderlust immer weiter. Ein Abstecher zum Fichtelsee endet kommentarlos im Schneegestöber, mein Schatz weigert sich schlicht, den Parkplatz zu verlassen.

Schneegestöber am Fichtelsee

Also reisen wir weiter Richtung Naher Osten. Etappenziel: Plauen.

Vanlife

Reichen fünf Minuten zum Duschen für zwei?

Beim Städtchen Arzberg gibt es nicht nur das reizvolle Röslautal, Industrie- und Bergbauruinen der letzten Jahrhunderte und abgewickelte Porzellanindustrie, sondern auch einen wunderbaren Stellplatz mit warmer Dusche.

Die Gegend hat bestimmt schon wirtschaftlich bessere Zeiten gesehen. Wir sehen verfallene Fabriken und Villen, die von früherer Blüte zeugen. Der gesprächige Konditor präsentiert in seinem Laden eine beeindruckende Sammlung alter Kaffeekannen und Geschichten. Der Höhepunkt ist aber unser Spaziergang im Durchbruchtal des Flüsschens Röslau. Hier plätschert das dunkle Wasser durch uralte Gesteinsschichten. Schon Alexander von Humboldt hat in der Gegend als Bergbauingenieur gearbeitet!

Stadtplatz Weiden
St. Joseph in Weiden/Oberpfalz

Zuvor hatte es uns nach Weiden verschlagen, wo wir überrascht sind von der Pracht der Altstadt. Wir trotzen dem eisigen Wind und schlendern über den österlichen Markt. Eigentlich wollte ich nur einen Schuster suchen, weil meine Schuhsohlen eigene Wege zu gehen drohen. Aber der hat heute leider geschlossen. Also bleibt nur der Weg zum Baumarkt, Kleber kaufen.

Übrigens reichen fünf Minuten ganz üppig, besonders wenn man nur eine Euromünze für den Warmwasserautomaten hat und der Raum etwa fünf Grad warm ist.

Am Ende der Welt

Von hier geht nichts mehr weiter. Es gibt hier auch so gut wie gar nichts. Praia Baixo heißt der Fleck. Ein Strand, eine Kneipe und das wars. Nein, außenrum noch einige halbfertige Rohbauten. Und zwei noble Villen von betuchten Leuten. Internet? Tröpfchenweise. Strom auch nicht immer.

Tote Hose
Ganz ruhig

Wer hier hängen bleibt, ist gut beraten, Lesestoff dabei zu haben. Zum Glück haben wir welchen. Und Kekse. Die Kneipe hat nämlich durchaus nicht immer auf. Wir schwitzen, schwimmen, lesen, dösen. Die Luft hat 32°, das Wasser 29. Da, wo der Wind weht, ist es auszuhalten.

Fischer
Bucht

Strände und Lavafelsen

Tarrafal ist bekannt für seine weißen Sandstrände, die einzigen auf Santiago. Alle anderen sind schwarz, was angesichts des vulkanischen Ursprungs des ganzen Archipels nicht verwundert. Jetzt in der Regenzeit ist auf den Stränden nur am Wochenende etwas los. Unter der Woche versinkt der ganze Ort in einen Halbdämmerschlaf.

Ruhe
Beschauliches Strandleben
Einer der vielen halbwilden Hunde
Baby

Man trifft ein paar Badegäste, gelegentlich eine handvoll Fischer. Leider hat die kapverdische Regierung Fangrechte an internationale Fischereiflotten verkauft, insbesondere europäische. 500.000€ gibt’s für 5.000 bis 8.000 Tonnen Fisch, vor allem Thun. Ein Schnäppchen! Gleichzeitig holen knapp 4000 Fischer mit handwerklichen Methoden noch etwa 1500 Tonnen aus dem Meer. Die großen Fabrikschiffe schnappen den kleinen Fischern den Fang vor der Nase weg. In den Netzen landet immer weniger.

Fang heute
Thunfisch

An den vulkanischen Felsufern im Westen trifft man kaum eine Menschenseele. Zu unbequem und steinig scheint auf den ersten Blick der Weg ins Meer, oft ist die Brandung ungemütlich.

Blick nach Norden
Lavaküste westwärts

In den Gezeitentümpeln tummeln sich Seeigel, Krabben und kleine Fische.

Tümpel
Tümpel

Oft ist die Lava in fünf-, sechs und mehreckigen Kissen oder Säulen erstarrt. Bizarr!

Nochmal tauchen

Das Meer ist heute recht bewegt, ich muss leider mit Georg alleine rein und mein Schatz schaut von oben zu.

Wellen…

Knotiger Walzenseestern

Demoiselle
Goldschwanzmuräne
Noch eine

Netzmuräne

Drücker
Schwarm über uns
Grotte

Am nächsten Tag tauchen wir in der Kingfisher-Bucht um die Ecke. Sicht leider mies. Aber ein kleines Wrack erwartet uns.

Segelschiff auf 22m
Igelfisch
Butt
Babyhummer
Kometenstern
Zwei Spinnenkrabben
Andrea in der Grotte
Torbogen Tarrafal
Wrack Tarrafal
Zurück an Land

Chao Bom

Auf der paradiesischen Insel Santiago gab es ein Konzentrationslager. Portugals Diktator Salazar hat es 1936 errichten lassen, um hier Regimekritiker wegzusperren. Später wurden auch Kolonialgegner und Aufständische aus Angola, Guinea-Bissau und den Kapverden hierher deportiert.

„O campo da morte lenta“ – Das Lager des langsamen Todes wurde Chao Bom genannt. Viele der unglücklichen Inhaftierten überlebten die schweren Haftbedingungen nicht lang und starben an Zwangsarbeit, Tropenkrankheiten und Mangelernährung. Erst 1974, nach der Nelkenrevolution in Portugal wurde das Lager geschlossen und die Insassen befreit. Viele von ihnen trugen schwere physische und psychische Schäden davon.

Tauchen in Tarrafal

Das Tauchen in Tarrafal ist bequem und macht Spaß. Georg von Santiago Diving ist sehr freundlich und die Jungs kümmern sich um alles. Thunfische sieht man am Hausriff Thuna point zwar keine mehr, aber reichlich Kleingetier, wunderschöne Flavonellas und einige Muränen

Frei schwimmender Schlangenaal

Besonders die Schlangenaale gefallen mir!

Tauchen in Tarrafal

Fischsuppe am Dropoff

Muräne
Flötenfisch
Zwei Muränen
Igelfisch

Aluguer nach Tarrafal

Vier Leute sitzen schon drin. Ob wir auch nach Tarafel wollen, fragt der Mann mit dem Basecap. Ja, klar. Ich frage, wieviel es kostet, bin aber nicht sicher, ob ich ihn verstanden habe. 300? Er packt unsere Rucksäcke irgendwie in den Kofferraum, den der Toyota eigentlich gar nicht hat.

Aluguer Toyota Hiace

Wir steigen ein. Die Sonne brennt aufs Dach. Eine Viertelstunde. Eine alte Frau wird von ihrer Begleiterin zu unserem Aluguer geführt. Mit Hilfe schafft sie es, einzusteigen. Ein junger Mann schlendert daher. Außer uns jetzt sieben oder acht Fahrgäste.

Warten

Der Mann, der draußen die ganze Zeit hingebungsvoll mit einem kleinen Pinsel die Scharniere eines Rollstuhls putzt – fährt er auch mit? Ja, offenbar, denn er kauft jetzt panierte Hühnerstücke von einer Händlerin und teilt den Proviant mit der Frau und dem Kind in der zweiten Reihe. Es stinkt. Der Bus wird erst losfahren, wenn er bis zum letzten Platz besetzt ist. Die Sonne brennt immer heißer. Zum Glück schält jemand eine Orange, das riecht gut.

Noch lachen wir

Noch immer zwei Plätze frei. Eine halbe Stunde, eine dreiviertel Stunde. Auf Santiago hat man Zeit. Plötzlich geht es schnell: Ein mittelaltes Paar zwängt sich zu uns. Ob da noch frei ist? Natürlich. Es geht los. Doch halt, da kommen noch zwei Mädels von siebzehn, achtzehn Jahren. Zum Glück sind sie schlank. Der Fahrer schiebt ein Brett in den winzigen Zwischenraum zwischen mir und dem Notsitz neben mir. Nun sitzen wir alle derart dicht eingezwängt, dass sich nichts mehr rührt. Wir fahren. Doch stop, der Junge da mit dem Afro möchte auch noch mit. Den Protest eines Mitreisenden lässt der Fahrer nicht gelten: Für die nächsten eineinhalb Stunden sitzt der etwa fünfzehnjährige halb auf dem Schoß des Protestierers, halb steht er auf dem Trittbrett der Schiebetür.

Siebzehn großteils erwachsene Leute, die meisten groß gewachsene Menschen, drei davon dünne Teenager und ein Mädchen von etwa zehn Jahren, ein klappbarer Rollstuhl, zwei große Travellerrucksäcke und einiges an Kleingepäck passen in den Hiace. Zum Glück ist heute Sonntag, der Markt ist geschlossen. Sonst wären sicher auch noch Hühner und Schweine sowie Kinderbadewannen voller Fisch mit den obligatorischen Fliegen an Bord.

https://youtube.com/shorts/RgSwzzB76Yk?feature=shared

Der Fahrer ist völlig durchgedreht, wir fürchten um unser Leben. Er kennt nur Gas oder Bremse. Zum Glück muss er bei den Speedbumps fast auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen. Aber dann geht’s sofort mit Vollgas weiter. Die Straße ist kurvig, meist eng und es führt steil auf und ab. Der Motor heult auf, wenn der Chauffeur herunterschaltet. Keine 500 Meter vor dem Ziel reißt der Mann von der Sitzbank hinter uns das Schiebefenster auf und erbricht sich bei voller Fahrt nach draußen.

900 CVE, etwa 8€ kostet der Höllenritt. Nächstes Mal fahren wir Taxi, auch wenn es zehnmal so viel kostet.

Nach Assomada – das afrikanische Herz

Blick zurück auf die Orgaos
Auf dem Weg nach Assomada

Heute tauchen wir nochmals ein in afrikanische Märkte. Uns scheint, dass die Wirtschaft vor allem von den Frauen getragen wird, sie arbeiten in Geschäften, auf Marktständen, in den Unterkünften. Die Männer sind eher als Taxifahrer, Fischer oder am Bau tätig. Und sehr viele sind untätig. Schon vormittags torkeln Betrunkene auf der Straße herum.

Am Mercado Assomada bekommt man alles vom lebenden Ferkel bis zum kompletten Schlafzimmer. Die Berge mit gebrauchter Kleidung stimmen uns nachdenklich: Stammen die Sachen vielleicht aus unseren Altkleidercontainern daheim?

Sammelsurium an Kleidung

Man hört ja immer wieder, dass unsere Spenden nach Afrika exportiert werden und damit das Geschäft für lokale Hersteller kaputt machen.

Schon einmal von Norberto Tavares gehört? Der Künstler war und ist eine nationale Ikone der Kapverden, seine Musik prägend. Zufällig kommen wir an einem kleinen Museum zu seinem Andenken vorbei.

Zwei Straßen weiter liegt das SOS Kinderdorf der Insel Santiago. Die Mauer sieht einschüchternd aus, immerhin ist sie mit Streetart bemalt.

Streetart

Stillstand oder Aufbruch

Je weiter wir ins Landesinnere kommen, umso grüner wird die Landschaft, umso steiler und schroffer die Berge. Entlang der fruchtbaren Täler ziehen sich unzählige Terrassen. Hier werden Mais, Papayas. Süßkartoffeln, Zuckerrohr und andere Feldfrüchte angebaut. Die Bewässerung erfolgt durch Llevadas, offene Kanäle.

Unser Ziel ist das Bergdorf Sao Jorge dos Orgaos, St. Georg mit den Orgeln: Die steilen Bergklippen in der Umgebung erinnern an Orgelpfeifen. So starr wie die Berge, beinahe verlassen ist der Ort.

Ruine?
Kleiderangebot

Ein Haufen Klamotten liegt auf dem Gehsteig. Es ist keine Altkleidersammlung, sondern das hiesige Modeangebot.

Wir suchen einen Laden, um Wasser zu kaufen. Überall nur Hitze und Fliegen. Vor dem Quiosque gegenüber der Kirche sitzt eine junge Frau im Schatten. Sie lutscht einen Lolli und hört den kapverdischen Fado von Lldo Lobo auf dem Handy. Wir schleichen weiter. Da! Ein kleiner Laden. Gleich am Eingang steht das Schnapsregal, ganz hinten gibt es auch Wasser. Auf dem Rückweg bestellen wir Cola am Kiosk. Die Frau lutscht noch immer. Sie hat leider nur noch eine Flasche Cola, aber der Mangosaft schmeckt auch gut.

Bauernhof
Papaya

Abgesehen von der Hitze denke ich mir: Was für ein wunderschönes Land! Welch riesige Entwicklungsmöglichkeiten! Nicht umsonst investieren chinesische Geschäftsleute vielerorts.

Mittelständische Ladenbesitzer aus China lassen sich weltweit gerne nieder, so auch in Praia. Die chinesische Regierung hat dem Land vor wenigen Jahren eine neue Universität für über 50 Mio. Euro spendiert. Ganz zufällig liegt die chinesische Botschaft direkt gegenüber der kapverdischen Nationalversammlung.

Macaus Glücksspiel-Milliardär David Chaw lässt gerade ein Casino mit Vergnügungspark, Hotels und Marina am besten Platz in Praias Zentrum und auf der Insel vor der Stadt errichten. Bleibt nur zu hoffen, dass mit allem Fortschritt nicht die wunderbare Natur der Insel zerstört wird.

Baobab – Affenbrotbaum

Wir besuchen den botanischen Garten und sind begeistert von Baobab, Palisander, Trompetenblume und anderen tropischen Gewächsen.

Kletterkaktus Distelbirne
Flammenbaum

So weit kann die Zivilisation nicht sein: Ein Aluguer im BvB-Look!

Sammeltaxi vom BvB?