Durchs Bärnloch

Es ist angeblich eine der reizvollsten Kanutouren ganz Deutschlands: der Schwarze Regen im Abschnitt Oleumühle nach Teisnach, durch das berühmt – berüchtigte Bärnloch.

Beim Einbooten in Oleumühle
Los geht’s.

Langweilig wird es uns nicht in den nächsten fünf Stunden. Wildwasser Stufe I-III bedeutet abwechslungsreiche Schwallstrecken garniert mit verblockten Passagen. Tückische Steine lauern überall knapp unter der Oberfläche, man erkennt sie oft nur im letzten Moment an der stehenden Welle – oder auch gar nicht. Mindestens ein Dutzend mal fahren wir uns fest. Aber eine kleine Pause schadet nicht! Anschließend geht’s mit Wackeln und Schieben weiter. Die Natur rundum scheint unberührt, wir sehen viele Wasservögel und springende Fische. Zum Schluß wartet kurz vor Teisnach eine sportliche Überraschung auf uns. Dass wir ein Wehr über etwa 600 Meter umtragen müssen, hatten wir gewusst.

Von oben
Von

Nicht aber dass es beim Einsetzen derart steil die Böschung runter und über teils wackelige Felsbrocken geht. Die Rückfahrt nach Regen geht dann ganz bequem, aber auch gemächlich per ÖPNV und dauert nochmal ganz gut: Bis Regen Bhf zwei Stunden, zum Auto zweieinhalb, zurück zum Boot drei.

Der große Pfahl

Was könnte das sein? Man denkt an einen Baumstamm, einen Marterpfahl, irgendwie blitzt die Vokabel „pfählen“ im Hinterkopf auf.

An der Quarzlore

Tatsächlich bezeichnet der große Pfahl einen 150 Kilometer langen Quarzgang, also eine Gesteinsader, die durch Verwitterung und Erosion aus dem umgebenden weicheren Gestein quasi herausgewaschen wurde. Bei Viechtach findet sich am Pfahl ein früherer Steinbruch und gleichzeitig eines der schönsten Geotope Bayerns. In Form einer riesigen Felsmauer bricht die unterirdische Quarzlagerstätte zu Tage. Bis in die 60er Jahre wurde der Quarz hier vorwiegend in Handarbeit abgebaut – eine echte Plackerei. Der Steinbruch hat sich nach der Stilllegung zu einem sehr wertvollen Biotop für seltene Arten wie die Schlingnatter, diverse Eidechsen, die Bartfledermaus sowie diverse Pflanzenarten entwickelt. In einem schönen Spaziergang umrunden wir das Gebiet.

Doch der Pfahl verfolgt uns weiter… Die Burgruine Weißenstein bei Regen ist nämlich auch auf demselben Quarzgang beziehungsweise Höhenzug gebaut.

Weißenstein
Oder doch lieber pfählen?

Eigentlich wollten wir nur den Ein- und Ausstieg sowie die Transportmöglichkeiten für unsere morgige Kanutour recherchieren, aber wir stellen fest: Regen ist ein nettes Städtchen mit einem schönen Park am Fluss.

Am Regen in Regen 😏

Wo Bayern kanadisch wird

Wir schlafen lang, fast zehn Stunden. Das brauchen wir!

Flott ist alles aufgebaut und um 10 Uhr geht es in Gumpenried los. Der Schwarze Regen trägt uns durch traumhaft wildwüchsige Landschaften. Spannende Schwallstrecken und spritzige Stromschnellen geben diesem Flussabschnitt einen kleinen sportlichen Pfiff. Vorsichtshalber haben wir Schwimmwesten und Helme angelegt. Für die rund 8 Kilometer brauchen wir heute nur gut zwei Stunden, halb so lang wie vorgestern von Blaibach bis Cham. Eichelhäher, Bachstelzen und eine Wasseramsel kommen vorbei, es fehlt nur noch ein Elch oder ein Bär am Ufer.

Wandern am Schwarzen Regen

Am Morgen sind wir ungelenk und steif. So ziemlich jeder Muskel ist hart, jedes Gelenk starr. Mühsam kriechen wir aus dem Bett. Wie die Zombies wanken wir ins Waschhaus – zumindest gibt’s beim Kanuklub warme Duschen. Danach machen wir ausgiebig unsere Morgengymnastik und beschließen, dass es uns jetzt schon viel besser geht.
Nächstes Ziel ist Böbrach. Mein Schatz hat eine wunderschöne vierstündige Wanderung herausgesucht, für die wir dann sechseinhalb brauchen. Echte Genießer eben. Ob wir uns zu lange in die Ausblicke ins Oberpfälzer Land verliebt haben? Die kleinen Pausen, um Blümchen am Wegesrand zu bewundern und zu bestimmen, sie können es doch nicht gewesen sein.

Bildstock bei Böbrach
Ein Männlein steht im Walde…

Jedenfalls: Böbrach- Aspach und retour, mal im Wald, mal am Schwarzen Regen, über Wiesen und Felder, und abends sind wir wieder platt. Anschließend informieren wir uns noch über Ein- und Ausstiege für die morgige Kanutour. Diesmal soll es etwas kurzweiliger und mit mehr Strömung auf dem Schwarzen Regen von Gumpenried nach Schnitzmühle gehen.

Paddeln auf dem Regen

Am nächsten Morgen geht es weiter nach Cham. Beim Kanuclub stellen wir unsere Räder ab und prägen uns den Ausstieg gut ein. „Zwischen den zwei Weiden müssen wir ausbooten“, sage ich.

Wir fahren den Regen stromaufwärts bis nach Blaibach, wo wir unseren Bus abstellen und das Kanu aufbauen. Hier lernen wir ein nettes Paar aus Karlsruhe kennen, die das gleiche Hobby haben. Gemeinsam paddeln wir los, auf dem Fluss treffen wir uns noch mehrfach.

Die Fahrt von Blaibach bis Chamerau ist ein purer Genuss. Grünes Nixenhaar prallvoller weißer Blüten streichelt von unter dem Rumpf unseres Kanus.

Blühende Wasserpest

Wie Schildkrötenbuckel ragen große Felsen aus dem Fluss, rechts und links wechseln sich Wiesen und Wälder ab: Wir entschleunigen. Einige Schwellen, verblockte Passagen und Schwallstrecken machen die Tour interessant.

Kurz vor Chamerau kommt noch ein Highlight: Die Bootsrutsche.

Im Biergarten daneben stärken wir uns und treffen unsere Bekanntschaft wieder. Der Fluss bestimmt ab hier mit seiner Langsamkeit das Tempo. Stellenweise wird es uns direkt ein wenig langweilig, dann wieder verlangt der kräftige Gegenwind auf dem Wasser körperlichen Volleinsatz. Kurz vor Cham versperrt ein Wehr den Weg: Befahren oder Umtragen?

Wehr Cham

Wir entscheiden uns fürs Umtragen. Insgesamt brauchen wir für die 22 Kilometer mit Esspause sechseinhalb Stunden. Doch der sportliche Teil kommt jetzt erst: Wir lassen unser Boot liegen und steigen auf die Räder, um zum Startpunkt zurück zu radeln. Dafür brauchen wir nochmals eineinhalb Stunden.

Urkirche Chammünster

Als wir endlich mit dem Bus wieder am Kanuclub ankommen, sind wir ziemlich müde und entscheiden uns, die Nacht gleich hier zu verbringen.

Unser Bus ist wie fast immer das älteste Fahrzeug am Platz. Und zwischen all diesen Rentnershuttles sind wir die einzigen Paddler. Jedenfalls fallen wir totmüde in die Falle.

Endlich Sommer

Spät sind wir los gekommen, denn es war noch einiges zu richten im Garten und im Haushalt. Hastig werfen wir die letzten Ausrüstungsgegenstände in den Bus binden das Boot auf dem Dach fest und die Fahrräder an der Heckklappe. So fahren wir in den Abend hinein Richtung Niederbayern.

Geheimplatz😁

Wir finden einen Schlafplatz, der schöner nicht sein könnte. Der Bus steht direkt an einem kleinen See, romantischer geht es kaum. Nein, der genaue Ort wird nicht verraten. Es gibt ohnehin nur noch allzu wenige vergleichbare Plätze, wo das Freistehen noch nicht verboten ist.

Zunächst hören wir noch das Gegröle von ein paar Jugendlichen, die weiter vorne feiern. Pubertät und Brunftschrei gehören einfach zusammen. Später kommen noch ein paar Männer vorbei, die einem jungen Jagdhund mithilfe einer naturgetreuen Gummiente das Schwimmen schmackhaft machen wollen. Lustigerweise direkt bei dem Schild: „Benutzen der Wasserfläche durch Hunde oder Pferde strengstens verboten“.

Die Frösche quaken und die Sonne geht hinter dem Scherenschnitt einer Allee am Horizont unter.

Am Morgen erfrischt uns ein Bad im klaren Wasser, besser kann der Tag nicht beginnen!