Thakek Loop

Wir haben einen Versuch gestartet, einen kleinen Teil des Loop zu fahren. Das ist ein Abschnitt des Banana Pancake Trail für die abenteuerlustigen Zweiradfahrer. Die Landschaft ist eine Augenweide. Kantige Karstberge ragen aus einem überfluteten Wald, manchmal auch aus Reisfeldern, jedenfalls ist alles neben der Straße (dem Damm) nass.
In Thakhek haben wir uns ein Moped geliehen – das beste bisher überhaupt, einen Yamaha Roller. MIT BREMSEN! Die helfen jedoch auch nicht gegen die allgegenwärtigen Überschwemmungen. Aber selbst diese haben Vorteile. Da, wo sonst Wald ist, gibt es jetzt einen See. Wir bleiben stehen und beobachten die Fischer mit ihren Netzen. Wir fragen, ob wir fotografieren dürfen – ich glaube, sie verstehen uns nicht, aber sie lachen, also fotografieren wir. Es ist unglaublich, wie die Männer und Frauen voll bekleidet im relativ kühlen Wasser so lange aushalten können. Manche stehen brusttief im Wasser und werfen immer wieder ihr Netz aus, um wenige Minuten später ein paar winzige Fische heraus zu klauben. Ich zeige fragend darauf und lasse mir zeigen, wie sie ihren Fang sammeln: In kleinen Körben aus Bambus zappeln ein paar Dutzend knapp fingerlange Fischlein. Wir überlegen, ob die zu Fischsauce zermatscht werden oder als Köderfische für größere dienen?

Beim nächsten Abzweig steht ein Schild, das auf eine schöne Höhle hinweist. Wir haben bereits darüber gelesen, die Tham Pha Seum. Am Parkplatz zahlen wir brav unsere Gebühr (~0,30Ct) und wandern los durchs Unterholz. Frösche, Moskitos, Spinnen und Würmer begleiten uns. Nach ein paar hundert Metern nehmen wir beißenden Gestank wahr. Ein kleiner alter Mann erschrickt, als wir von hinten heran kommen. Auf unseren Gruß „Sabaidee“ lächelt er. Sein rechtes Auge ist blind. Mit bloßen Händen gräbt er im Schlamm nach riesigen Regenwürmern. Auch er hat ein Bambuskörbchen dabei, wo er seine Beute hinein wirft. Ich versuche ihn zu fragen, ob er die Würmer zum Fischen braucht, oder… Aber er versteht mich nicht. Barfuß folgen wir dem überschwemmten Pfad zur Höhle weiter, bis uns das Wasser über die Knie reicht. Irgendwann drehen wir um. Inzwischen hat der Alte seinen Jagdplatz in den Schatten des Waldes verlegt. Er hat uns beobachtet und bedeutet mit Handzeichen, dass weiter vorn das Wasser noch viel tiefer wird. Auf dem Rückweg versuche ich noch ein paar Mal einen abzweigenden Pfad in das Dickicht, aber stets ist es bloß ein Wildwechsel, der nach ein paar Metern in hüfthohem Gestrüpp endet.

Wir hatten heute noch kein Frühstück und es ist inzwischen Mittag. Endlich kommen wir mit unserem Moped an einem schwimmenden Imbisstand vorbei: Ein Steg, ein paar Bambusstangen und Dächer aus Blättern, eine Reihe Eisboxen und eine kleine Garküche. Wir hängen unsere Wanderstiefel an ein Stück Bambus und wollen von der Karte bestellen, die uns gereicht wird, aber es stellt sich heraus, dass es heute nur gegrillten Fisch und Papayasalat gibt. Also dann das. Der Fisch ist extrem lecker, der Papayasalat extrem scharf.

Auch an der Tahm Sa Pha In Höhle haben wir Pech, bereits das Eingangstor steht im Wasser. Also weiter zur Liap Cave. Auf dem Landweg erreichen wir diese auch nicht. An der Brücke daneben winkt uns aber ein freundlicher Mann. Er bedeutet uns, dass er ein Boot hat, mit dem er uns in die Höhle bringen kann. Wir sind uns rasch handelseinig und genießen die kurze Fahrt über den Dschungelfluss.

Die Höhle selbst ist nicht sehr groß, aber uns gefällt es, so ganz ohne andere Touristen, Beleuchtung, Absperrungen. Als unser Fährmann an einem Fels anlegt, fragt er uns: „Swimming?“ Er beherrscht wirklich nur die paar Brocken, die er für sein Geschäft braucht: boat, cave, swimming. Wir folgen seinem Beispiel und lassen uns ins kühle Wasser des Höhlenflusses gleiten. Nachdem wir uns erfrischt haben, klettern wir vorsichtig zurück in den Kahn und tauschen ein paar Vokabeln aus. Wasser-noa, Boot-heu, Höhle-tham. Am Ausgang der Höhle bemerke ich hoch über unseren Köpfen ein feinmaschiges Netz. Drei unglückliche Fledermäuse hängen darin. Unser Guide erklärt per Pantomime, dass die Tiere hier zum Kochen gefangen werden.

Wir haben genug vom Loop gesehen. Zurück in Thakhek lassen wir uns noch ein wenig durch die Altstadt treiben. Mit dem Roller kommen wir gut voran, auch wenn die Stadt sehr flächengreifend ist. Deutlich sieht man besonders an der Mekongpromenade des französischen Einfluss, wenn auch alles sehr heruntergekommen und ärmlich wirkt. Die einst prächtigen Häuserfassaden sehen allesamt ein wenig schimmlig aus, überall läuft ein schwärzlicher Film herab.

Trecking

Vang Vieng ist eine Art Abenteuerspielplatz für junge Leute. Überall werden Touren in die Berge und Höhlen angeboten. Man kann sich in großen Schwimmreifen die Flüsse herunter treiben lassen, Ziplines herunterrauschen oder in den sogenannten Lagunen schwimmen. Anscheinend hat der Spaßtourismus in den letzten Jahren üble Formen angenommen. Regelmäßig sind betrunkene oder von Drogen bedröhnte Personen ertrunken oder in den Höhlen umgekommen. Die laotische Regierung sah sich gezwungen, einzuschreiten und schloss ein paar Agenturen. Die Leute haben nun eine neue Attraktion entdeckt: Der letzte Auswuchs der Touristenbespaßung sind Beachbuggys, offene Geländewagen mit riesigen oversize Reifen und Überrollbügeln. Man hört sie schon von weitem dröhnen. Damit sind vor allem wieder die fernöstlichen Touris aus China und Korea unterwegs. Mit Schutzbrille, Tüchern vor dem Mund und verkehrt herum angezogenen Jacken befahren sie die – zugegeben ziemlich miesen – Schlammpisten. Straßen kann man diese kaum nennen.

Die Karstlandschaft ist sehr reizvoll, überall stehen riesige Felszacken herum, die mehrere hundert Meter hoch sind und wie grün bewaldete, meist spitz zulaufende Granatsplitter aus der flachen Ebene herausragen. Jeder Berg weist ein paar Höhlen auf. Diese sind ganz unterschiedlich touristisch erschlossen. Die beleuchteten mit den Betontreppen und Geländer gesicherten haben wir uns gespart, dafür haben wir uns heute eine unbekanntere herausgesucht: Die Khan Cave. Wir sind mit einem chinesischen Lipan Leihroller unterwegs, einer miesen Krücke mit unterirdischer Federung, an der so gut wie nichts funktioniert, vom Motor abgesehen: Keine Bremsen, kein Licht, kein Tacho, keine Tankanzeige. Wir fahren den Pfad, bis er in ein ausgetrocknetes Flussbett übergeht und der Untergrund zu schlammig zum Weiterfahren ist. Unser Ziel ist schlecht beschildert, zunächst laufen wir am richtigen Abzweig vorbei. Nachdem wir eine schweißtreibende Stunde über riesige Findlinge und rutschige Lehmwände dem steil ansteigenden Flussbett gefolgt sind haben wir die Idee, mal unseren Standort mit GPS zu lokalisieren… also drehen wir um, runter geht es etwas schneller.

Den Höhleneingang finden wir hinter einem Bambusdickicht und ein paar Felsen, die von Tradiskanthia und anderen Bodendeckern überwuchert sind. Bei uns findet man die als Zimmerpflanzen. Wir klettern über schlüpfrige Steinbrocken ins Halbdunkel, von oben hängen anfangs noch meterlange Baumwurzeln herab.

Hier ist nichts beleuchtet, es gibt auch keine Stufen. Zum Glück haben wir heute unsere Stirnlampen dabei. Wir tasten uns an riesigen Tropfsteinen vorbei. Nach ein paar Biegungen herrscht völlige Dunkelheit. Die Höhle öffnet sich zu einem größeren Raum. Ganz hinten erahnen wir einen lebensgroßen sitzenden Buddha, davor ein Tischchen mit Opfergaben: verwelkten Blumen, verschimmelten Speisen und längst verloschenen Räucherstäbchen. Der Ort ist irgendwie ungemütlich. Die Luft ist kühl, fast frisch. Wir folgen dem Gang, es gibt ein paar Abzweigungen. Wir überlegen, ob man von hier ohne Licht wieder herausfinden würde? Vom Licht aufgeschreckt, flattern uns ein paar Fledermäuse um die Köpfe. Beim Blick nach oben sehen wir sie in dichten Trauben an der Höhlendecke hängen. Wir vermeiden es, die Tiere direkt anzuleuchten. Kurz darauf führt ein wackeliges, morsches Brett über eine tiefe Felsspalte. Genug für unseren Entdeckerdrang für heute.

Wenig später zieht es uns nicht nach unten, sondern in die Höhe. Wir klettern auf einen der Karstberge zu einem Aussichtspunkt hinauf. Der listige Laot hat auf den ersten paar Hundert Metern Treppenstufen gelegt, danach wird der Steig immer unwegsamer und steiler. Gegen Ende geht es leicht 70° Steigung hinauf und wir hangeln uns an Felskanten und Wurzeln nach oben. Komplett durchgeschwitzt erreichen wir die Aussichtsplattform nach etwa 300 Höhenmetern Anstieg. Beim Abstieg komme ich ins Rutschen und schneide mir an einem scharfkantigen Felsen einen Finger auf. Aus schlechter Erfahrung weiß ich, dass ich die Wunde gleich im Hotel behandeln muss. Jodtinktur und antibiotische Salbe helfen, eine Infektion einzudämmen. In Anuradhapura hatte ich mir einen kleinen Ratzer am Fuß zugezogen, der dann vier Wochen brauchte, bis er endlich zugeheilt war. Unser Immunsystem ist auf die Keime hier nicht vorbereitet.

Abends unterhalten wir uns noch ausführlich mit unserem Wirt Joe. Der 73jährige Brite ist vor 19 Jahren hierher ausgewandert, hat eine laotische Frau und zwei Kinder. Seine Lodge Maylin hat er wohl nach seiner Frau benannt. Mindestens ein Dutzend kleiner Bungalows und Stelzenhäuser sind in einem riesigen, dicht zugewachsenen Garten verteilt, die Anlage gefällt uns sehr gut. Doch die besten Zeiten scheinen hier vorbei zu sein. Unser Wirt ist nicht glücklich mit seiner Lebenssituation: Die unzuverlässigen Einheimischen, sein Spagat zwischen den Kulturen, der Kampf gegen den unausweichlichen Verfall und die Auswüchse des neuen Tourismus machen ihm zu schaffen.

Am nächsten Tag reisen wir weiter nach Vientiane, die Hauptstadt Laos. Mit 620000 Einwohnern ist sie auch die größte des Landes. Ein Viertel der mittelständischen Unternehmen des Landes sind hier, die Industrie beschränkt sich auf die Brauerei Beerlao und eine Zigarettenfabrik. Eigentlich war die Reiseroute anders geplant. Rein zufällig haben wir jedoch erfahren, dass in einigen Provinzen im Süden des Landes der Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Heftige tropische Unwetter sollen zu schweren Überschwemmungen geführt haben, auch von Dammbrüchen ist die Rede. Es ist schwierig, an Informationen zu kommen. Manche Berichte, die wir gestern im Internet gelesen haben, sind heute verschwunden. Tatsächlich sind wir froh, heute im Bus zu sitzen. Es regnet den ganzen Tag sehr stark. Erst in den Vorstädten von Vientiane hört es auf. Ewig fahren wir durch Industrie- und Gewerbegebiete, ein Baggerverleih reiht sich an den anderen Hof voller Baumaschinen. Angesichts all dieser Maschinen frage ich mich bloß, warum die Straßen derart schlecht sind.

Wir genießen den französischen Flair der Stadt. Es ist zwar lange her, seit die Franzosen hier das Sagen hatten, aber ein wenig savoir vivre hat sich hier noch erhalten. Es gibt Cafés, die sehr guten Kaffee anbieten und sogar kleine Weinlokale.

Vientiane 12.09.2019, 07.24 Uhr

Indiana Jo und der Tempel der Glühwürmchen

Dschungel, Wasser, Höhle

Das war einer der schönsten Tage unserer Reise bisher: Einen riesigen Wasserfall erklimmen und darin baden, einsam durch den Dschungel wandern, eine fast unbekannte, finstere Höhle erforschen, im klaren Wasser eines Baches baden, tausende Schmetterlinge und andere Insekten beobachten. Genau mein Ding!

Tat Kuang Si heißt der Wasserfall, den wir per Leihroller in einer knappen Stunde (30 Kilometer von Luang Prabang) über abenteuerliche Straßen mit kinderbadewannengroßen Schlaglöchern und über wackelige Holzbrücken erreichen. Der Wasserfall besteht aus vielen Stufen, dazwischen laden Dutzende Becken mit türkisblauem Wasser zum Abfrischen oder Schwimmen ein. Riesige, ineinander übergehende Sinterterassen haben sich über die Jahrtausende gebildet: Das Calziumcarbonat aus dem extrem mineralhaltigen Wasser kristallisiert überall: Auf Felsen, Wurzeln, Baumstämmen, aber auch auf der überspülten Holztreppe, die wir vorsichtig erklimmen. Im Halbdunkel des Dschungelpfades geht es stetig bergauf. Hier ist der Kreislauf des Lebens überdeutlich sichtbar: Blühendes Leben, gewaltige, kraftstrotzende Vegetation, undurchdringliches Dickicht zieht seine Kraft aus moderndem Zerfall und verwesendem Biomaterial. Tausende kleinste Insekten, Würmer und Pilze zersetzen sofort alles, was nicht mehr lebt.

Ich entdecke viele verschiedene Grashüpfer, Spinnen, Termiten. Ein faustgroßes Ameisennest hängt in Hüfthöhe neben dem Pfad: Ein Masse aus krabbelnden Leibern. Manche Ameisenarten schwärmen wie Honigbienen. Angeblich leben hier noch Tiger, Loris, Schwarzbären und Leoparden. Die unteren Bereiche des Parks sind noch recht leicht erreichbar. Ganz oben erfordert es schon ein wenig Ausdauer. Da wir mit die ersten Besucher sind, haben wir das Naturschauspiel bald für uns allein, je weiter oben, umso ruhiger wird es – vom Tosen der Fluten abgesehen. Der Blick von ganz oben ist überwältigend: Wir stehen in dem flachen Wasser, welches kühl und munter unsere Beine umspült und direkt unter uns etwa hundert Meter herabstürzt. Nur eine wackelige Holzkonstruktion trennt den mutigen Wanderer von der Kante.

Wir folgen einem Pfad, der uns etwa eine Stunde weit durch dichten Regenwald zu einer kleinen Höhle führen soll. Es ist unglaublich heiß und stickig. Sobald wir kurz stehenbleiben, überfallen uns Myriaden kleiner Fliegen und Moskitos. Trotzdem ist diese Wanderung ein wunderschönes Erlebnis, denn wir werden ständig von einer großen Zahl unterschiedlicher wunderschöner Schmetterlinge umflattert. An manchen Stellen ist der Lehm des Weges von einem kleinen Wasserlauf aufgeweicht. In den Pfützen trinken Hunderte der Schmetterlinge, vor allem die gelben und die schwarz-türkis gemusterten. Leider ist es sehr schwierig, sie zu fotografieren.

Der Pfad mündet in eine Lichtung, eine Frau verkauft Wasser. Wie kann sie es den ganzen Tag hier in der Hitze bei den Mücken aushalten? Für 1000 Kip (~1€) erhalten wir unsere Eintrittskarte – wir sind weit und breit die einzigen Menschen. Es ist ein wenig sonderbar, sie besteht darauf, dass wir sie nehmen. Dazu gibt es pro Nase zwei Bananen und eine schwache, funzelige Taschenlame. Wir erklimmen die Stufen in die Felswand, vor der kleinen Höhle stehen ein paar Buddhastatuen. Daneben ein tiefes, dunkles Loch. Wir kommen uns vor wie Abenteurer, als wir uns ins Dunkel vortasten. Irgend etwas streift den flauen Lichtkegel der Lampe: Eine Fledermaus. Mit jedem Meter wird es dunkler und kühler, der Boden ist uneben und ein wenig rutschig. Begeistert entdecke ich lange, klebrige Fäden, die in Gruppen von der Höhlendecke hängen. Davon habe ich bereits gelesen: Es handelt sich um Spinnfäden von einer Art Glühwürmchen, die mit Hilfe dieser Fäden vorbeifliegende kleinste Insekten fangen. Ganz weit hinten ist es stockdunkel, nicht der kleinste Schimmer Tageslicht dringt bis hier. Eine Nische mit mehreren sitzenden Buddhas ist schon seit Urzeiten ein Ort der Andacht und Verehrung für die Leute aus der Umgebung. An dieser Stelle drehen wir um und kehren ans Tageslicht zurück.

Auf dem Rückweg begleiten uns nicht nur die Schmetterlinge, sondern auch unglaublich laute Zikaden. Ein glasklarer Bach lädt zum Baden ein. Doch als wir den Wasserfall wieder erreichen, ist der Zauber der Einsamkeit vorbei. Mittlerweile picknicken, planschen und grölen hier Horden überwiegend koreanischer und chinesischer Touristen. Mit Kamera-, Handy- und Selfiestab bestückt, wie sie sind, ist kein Fleck sicher vor ihnen. Einer läuft an mir vorbei; in einer Hand die Actioncam am Handstativ vor sich her schwenkend, in der anderen das Smartphone, eine Atemmaske vor Mund und Nase, riesige Kopfhörer auf den Ohren. Der lebt scheinbar in seinem eigenen Kosmos. Warum ist der überhaupt hier? Und was die Chinesen wohl zu dem letzten Teil des Parks sagen mögen? Hier leben ein paar Schwarzbären in geräumigen Gehegen. Sie wurden aus einem grauenhaften Leben in Bärenfarmen befreit. Noch heute gibt es leider in der traditionellen fernöstlichen Medizin Bedarf an Bärengalle – um sie zu gewinnen, werden die armen Tiere in winzigen Käfigen gehalten.

09.09.2019 Luang Prabang 7 Uhr 17

Höhlenflop

Auch heute sind wir wieder mit unserem kleinen Leihroller unterwegs. In Richtung Norden gibt es noch einen Wasserfall und ein mehrheitlich von Chinesen bewohntes Bergdorf. Die Straße ist wirklich extrem kurvig und steil. Ein wenig bedaure ich, dass wir kein richtiges Motorrad unterm Hintern haben. Aber es macht auch mit dem kleinen 120ccm Roller viel Spaß, durch die Kurven zu flitzen. Ich bemühe mich sehr, den größten Schlaglöchern und Längsrillen auszuweichen. Wir haben nämlich kein großes Verlangen nach dem speziellen Tattoo, welches bei intensivem Kontakt zwischen Haut und Straßenbelag fast kostenlos entsteht. In den Straßen von Pai sind uns schon einige junge Leute mit Verbänden an den Ellbogen und Knien oder mit Gipsbeinen aufgefallen, die das offenbar schon ausprobiert haben. Gerade rechtzeitig mit den ersten Schauern kommen wir wieder daheim in unserer Stelzenhütte an. Während ich diese Zeilen schreibe, geht ein wahrer Wasserfall von Monsunregen nieder. Da möchte ich nicht unbedingt per Zweirad unterwegs sein, insbesondere nicht mit zweifelhaftem Reifenprofil.

Nachmittags gönnen wir uns noch einen Ausflug zur Höhle Lod. Den Roller haben wir schon zurückgegeben, es wäre auch ein wenig weit dorthin. Mit dem Sammeltaxi, einem Isuzu Spacecab Pickup brauchen wir fast eineinhalb Stunden. Die Sitzbänke auf der Ladefläche sind nur marginal gepolstert, Gurte nicht vorhanden. Zum Glück regnet es wieder einmal, so dass sich der Raum unter der Plane nicht besonders aufheizt. Mit der Höhle haben wir leider nicht das große Los gezogen. Durch die vielen Regenfälle in letzter Zeit stehen zwei der drei Höhlenbereiche unter Wasser und können nicht besichtigt werden. Offenbar ist die Nationalparkverwaltung  bei der Genehmigung von Höhlentouren seit dem Vorfall im Juli 2018 restriktiver, was ja auch nicht schadet. Auch wir wollen nur ungern vom Wasser eingeschlossen werden, wie die Gruppe Jugendlicher damals. Angeblich kann man hier abends zigtausende Mauersegler und Fledermäuse beobachten, die sozusagen bei Schichtwechsel in die Höhle rein beziehungsweise hinaus fliegen. Heute allerdings ist ziemlich Flaute.

Entweder es ist noch nicht die rechte Tageszeit, oder die Saison stimmt nicht. Jedenfalls sehen wir nur ein paar Vögel und keine Fledermaus. Dafür schlängelt sich am Geländer des Höhleneinganges eine wunderschön giftgrüne Schlange. Es ist spannend zuzusehen, wie sie über die Hälfte ihrer Körperlänge frei in die Luft erhebt, um dann in der Felswand Halt zu suchen. Irgendein kleiner Riss oder Vorsprung genügt ihr, um dann den Rest ihres Körpers nachzuziehen.

Die Höhlenführerin mit ihrer Gaslaterne kriegt jedenfalls beinahe einen Schreikrampf und rennt geduckt an dem Tier vorbei, an die gegenüber liegende Seite des Weges gedrückt. Als ich das Tierchen fotografiere, regt sie sich furchtbar auf und winkt herüber. Später lese ich nach: Die Nasen-Peitschennatter, auch bekannt als Baumschnüffler (kein Witz!) ist nur mäßig giftig. Die Begegnung mit der Schlange am Eingang war jedenfalls um Längen besser als die Höhle dahinter.

Mit einem kleinen Bambusfloß staken uns die Höhlenführer über eine kleine Wasserfläche, das ist Teil der Show. In der Höhle selbst ist es extrem stickig, heiß und stinkt. Die Tropfsteine sind groß und mächtig, von den Chinesinnen werden sie natürlich gebührend betastet. Für jemanden, der bereits andere Höhlen besichtigt hat, ist das Ganze nicht so beeindruckend und kaum die anstrengende Anfahrt wert. Allein, dass es hier keine elektrische Beleuchtung gibt, macht einen gewissen Reiz aus. Die ängstliche Führerin, die zunächst ihre Laterne nicht zum Brennen brachte, uns dauernd vor den Gefahren warnte und später gleich mal selbst auf dem unebenen Untergrund gestolpert ist, hatte auch Unterhaltungswert.