Phnom Penh

Die Hauptstadt Kambodschas hat immerhin knapp zwei Millionen Einwohner. Phnom Penh stinkt, ist dreckig, voller Ungeziefer und Krimineller. Überall wird man gewarnt vor dieser Stadt. Man soll keinesfalls seinen Rucksack mit den Wertsachen locker über die Schulter hängen, auch von den beliebten Bauchtäschchen wird abgeraten. Im TukTuk ist der richtige Platz für das Gepäck am Boden fest zwischen den Beinen eingeklemmt. Spezialisierte Rollerbanditen brausen heran und reißen Unvorsichtigen das Gepäck vom Leib, ohne Rücksicht, ob die Person zu Boden oder aus dem Fahrzeug stürzt. Manche TukTuks sind mittlerweile deshalb mit Eisengittern ausgestattet worden. Man fährt also zum eigenen Schutz in einer Art Käfig. Toll!

Uns ist nichts dergleichen passiert, im Gegenteil, wir fühlten uns immer recht sicher. Trotzdem war unsere erste Begegnung mit der Stadt unangenehm. Da wir so spät abends ankommen sind, hatten wir ganz gegen unsere Gewohnheit ein Zimmer gebucht; im Happy House Zone. Der Name ist überhaupt nicht Programm. Die Zimmer dieser miesen Absteige sind übel verwohnt, die Bettlaken fleckig und speckig, die Klospülung funktioniert ebenso wenig wie die Klimaanlage und außerdem wimmelt es vor Kakerlaken. Es schmerzt, dass ich dafür 16 Dollar bezahlt habe. Wir trinken uns in der Bar gegenüber Mut an, schlafen kurz, aber schlecht und sind am nächsten Morgen vor halb acht wieder raus. Ein paar Meter weiter im Rachani Hostel gibt es für wenig mehr Geld schöne, helle, saubere und moderne Zimmer. Bis wir einziehen können, stellen wir unser Gepäck ab und besichtigen das berüchtigte Sicherheitsgefängnis S21, Tuol Sieng.

Mir fällt es schwer, die Eindrücke zu beschreiben. Nach etwa drei Stunden sind wir durch, im wahrsten Sinne das Wortes. Es ist verstörend, am Originalschauplatz zu erleben was Menschen anderen Menschen anzutun in der Lage sind. Wir fühlen uns wie nach dem Besuch einer KZ-Gedenkstätte. Allein in diesem Gefängnis, der ehemaligen Schule Tuol Sieng wurden in den Jahren der Schreckensherrschaft der Roten Khmer zwischen 17.000 und 20.000 Menschen eingesperrt und gefoltert, die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt. Man weiß nur von fünf Überlebenden. Dies war eines von mehreren Hundert solcher Gefängnisse landesweit. Bis heute werden noch neue Massengräber entdeckt. Die Opfer wurden grundlos oder aus nichtigsten Anlässen verhaftet und solange gefoltert, bis sie irgenein Vergehen gestanden. Dann wurden sie auf die sogenannten Killing Fields weggebracht, wo sie erstochen oder erschlagen wurden. Erschossen wurden die wenigsten – um Munition zu sparen. Vorher mussten die Unglücklichen oftmals noch ihre eigenen Massengräber ausheben. Die Regierung Pol Pots hat in den Jahren 1975 – 1979 ein Viertel der Bevölkerung Kambodschas umgebracht, durch unmittelbare Gewalt oder durch Hunger. Sie wollten das Land komplett in eine Art Steinzeitkommunismus zurückversetzen und haben deshalb systematisch Intellektuelle, Mönche, Künstler, Lehrer, Ärzte verfolgt. Wer eine Brille trug, war verdächtig, wer lesen und schreiben konnte oder gar eine Fremdsprache beherrschte, sowieso.

Abends gehen wir noch zum Tempel Wat Phnom. Dort werden vier Buddha-Statuen aufbewahrt, die der Mekong im Jahre 1372 angespült hatte. Eine Frau namens Penh hatte sie entdeckt – und wurde zur Namensgeberin der späteren Stadt. Jede Buddhastatue dort ist mit mindestens einem Geldschein bestückt. Das Opfern von Geld ist hier sehr beliebt! Ein Mann sitzt im Eingangsbereich und zählt dicke Bündel Geldscheine. Ein wenig deplatziert wirken auf uns die grellen Lichtorgeln im Tempel.

Auf dem Heimweg hören wir es in den Müllhaufen auf den Bürgersteigen rascheln. Ratten! Die Müllsammler, die nach Büchsen und Flaschen suchen sind aus gutem Grund mit langen Stecken bewaffnet.

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