Kandy

Generell ist die alte Königsstadt und jetzige Hauptstadt der Zentralprovinz sehr sehenswert, denn im hiesigen Zahntempel wird die wichtigste Reliquie des Buddhismus aufbewahrt: Ein Eckzahn Buddhas. Einmal im Jahr feiert man hier das größte buddhistische Fest ganz Asiens: Esala Perahera. In der Festwoche, so haben wir gehört, steigert sich das Ausmaß und der Prunk der allabendlichen Prozession von Tag zu Tag.

Zum Festival strömen zigtausende Gläubige nach Kandy. Die Unterkünfte sind normalerweise ausgebucht bis zum letzten. In diesem Jahr scheinbar nicht ganz so. Die Anschläge haben viele Gäste, besonders die ausländischen abgeschreckt. Nichtsdestoweniger sitzen schon Stunden vor Beginn des feierlichen Umzugs tausende Leute, junge Menschen, Kinder, Greise, ganze Großfamilien auf den Gehsteigen entlang des kilometerlangen Prozessionsweges, um sich einen guten Platz zu reservieren. Polizei und Militär sind sehr präsent, ab Mittag kann sich keiner mehr dem Zentrum nähern, ohne gründlich abgetastet und durchsucht zu werden. Das ist zwar beruhigend, aber ein leichtes Unwohlsein bleibt dennoch im dichten Menschengedränge.

Am Vortag hatten wir bereits versucht, uns etwa zwei Stunden vor Beginn einen passablen Stehplatz zu sichern – nach einer Stunde aber aufgegeben, weil uns das Geschiebe und Geschubse zu viel wurde. Heute, am vorletzten Prozessionstag gehen wir erst los, als wir vom Balkon unseres Guesthouse aus die ersten Tänzergruppen gegenüber am anderen Ufer des Sees beim Zahntempel aufbrechen sehen und hören. Der Plan geht auf: Zwar ist es auch hier eng, jedoch finden wir ein Plätzchen mit gutem Blick. Festlich herausgeputzte Tänzer, Trommler, Zimbler, Sänger, Flötenspieler und Fackelträger bewegen sich im Takt der Musik langsam die Straße entlang, in perfekter Präzision und synchron, oftmals drei Schritte voran, zwei zurück. Fast jede Tänzergruppe wird gefolgt von einem nicht weniger feierlich geschmückten Elefanten, der eine prachtvolle bunte, gold- und silberbestickte Decke trägt, einen oder mehrere Reiter und Lichterketten um den Kopf. Ob die Elefanten das Ganze gut finden, wage ich zu bezweifeln. Sie nehmen jedenfalls oftmals den Rhythmus auf und schwingen die Köpfe im Takt oder tänzeln zur Musik. Tempelelefanten haben angeblich ein angenehmes Leben, verglichen mit Arbeitselefanten oder den armen Tieren, die schwere Gondeln mit Touristen schleppen müssen. Insgesamt sind es bestimmt 30 bis 40 Tiere, offenbar sind sämtliche Tempelelefanten Sri lankas hier versammelt.
Nach zwei Stunden etwa haben wir den Großteil des Zuges gesehen, mein rechter Arm ist taub vom Hochrecken der Kamera, der linke vom Umklammern der Tasche mit Pass und Geld. Zufrieden wandern wir zurück ins Hotel, als wieder sintflutartiger Regen einsetzt. Der Zauber des Peraherafestes, der angeblich jedes Jahr für eine Prozession ohne Regen sorgt, hat fast bis zum Ende gehalten.

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