Auf der SH70 fahren wir weiter Richtung Nordosten, wir durchqueren eine urzeitliche und fast unbesiedelte Gegend mit steilen Lehmbergen und schroffen Schluchten. Gleich nebenan liegt ein Skigebiet am Mount Lyfort, kaum vierzig Kilometer von der nächsten Küste entfernt. Die meisten Straßenschilder tragen Einschusslöcher oder Beulen von Schrotladungen, für die ansässigen Hillbillies scheint es ein Sport zu sein, auf diese vom fahrenden Auto aus zu schießen. Kurve folgt auf Kurve, für die hundert Kilometer brauchen wir gut zwei Stunden. Leitplanken gibt es hier keine, wer die Fahrbahn verlässt, trifft Fels oder Luft. Doch mehr als die Straßenführung macht uns die Temperatur zu schaffen: Gestern noch hatten wir Skiunterwäsche und Pullover getragen, heute haben wir draußen 36°C – das hält doch kein Mensch aus!
In Kaikoura wird es zum Glück erträglicher, zwar ist auch hier der Himmel durch Aschewolken von den Buschfeuern Australiens verhangen, aber wenigstens weht ein erfrischender Wind und es nicht ganz so heiß. Wir setzen uns erstmal an den Kiesstrand, kühlen unsere Füße im Wasser, beobachten die Angler, lesen die letzten Kapitel von Felix‘ Bachelorarbeit und schauen uns die Stadt an. Leider haben wir es versäumt, frühzeitig Walbeobachtung oder Delfinschwimmen zu buchen, genauso wenig haben wir einen Campingplatz reserviert. Also bleibt uns nur da örtliche Museum (sehr sehenswert!) und dann eine stundenlange erfolglose Suche nach einem Stellplatz. Schließlich fahren wir raus aus der Stadt und biegen in irgendeine Nebenstraße ein, wo wir ein ruhiges Plätzchen zwischen Steinbruch und Wäldchen finden. Hier schmeckt uns die Pasta mit Schwammerl und Gemüse!
Die kleinen Seebärenbabys mit den großen Kulleraugen spielen munter in der Pfütze zwischen den Felsen. Sobald eine der Mamas zur Kolonie hier an der südlichsten Spitze der Halbinsel Kaikouras zurückkehrt, beginnen sie zu quieken und zu grunzen. Eifrig beschnuppern sich die Tiere, bis sich Mama und Kind erkennen, dann wird geschmust und die Kuh legt sich irgendwann nieder, damit das Kleine ihre Zitzen suchen und trinken kann. Ich bin glücklich und gerührt, diese wunderbare Familienszene aus nächster Nähe miterleben zu dürfen. Bei den Möwen ist es ganz ähnlich: Das Küken stolpert ein wenig planlos über die Felsen, während ein Elternteil aufpasst. Wehe, eine der Robben kommt zu nahe! Da werden die Flügel ausgestreckt und ein riesiges Gezeter beginnt, um vom Kind abzulenken.
Am Nachmittag habe ich mein zweites Naturerlebnis. Ein Tauchgang im Kelp der Baxter’s Bay gibt mir Eindrücke der hiesigen Unterwasserwelt. Neben den unvermeidlichen Hummern, Nacktschnecken und Fisch begegnet mir ein vorwitziger Oktopus, der mir gern die Unterwasserkamera abgenommen hätte. Der Kerl ist ziemlich groß und kräftig, aber ich lasse nicht los, bis er aufgibt.
Den Film vom frechen Kraken gibt’s hier:
und der Kelp: