Bokor National Park

Heute früh verabschieden wir uns von den Kindern, die nach Koh Rong weiter wollen, wir bleiben noch ein oder zwei Tage hier. Wir ziehen aus der Hütte zurück ins Guesthouse und sind überfroh, zurück in der Zivilisation zu sein: Ebener Fliesenboden! Saubere Fenster, Türen, Wände, Toilette! Steckdosen und Lichtschalter, die funktionieren!
Dann fahren wir mit dem Roller zum Popokvil Wasserfall im Bokor Nationalpark. Die Bergstraßen sind ein Genuss! Auch wenn ich noch lieber meine alte Kawasaki unterm Hintern hätte, selbst mit dem kleinen Roller macht es sehr viel Spaß. Und für einen 125er läuft er sehr flott, zwischen den Kurven und Spitzkehren kommen wir immer wieder auf 60 bis 80 Stundenkilometer, und das bei recht steiler Steigung. Die Straße ist so gut wie neu – sonst hätte ich das Tempo hier nie gewagt. Auf halber Höhe zum Gipfel kommen wir in den Regen, aber wir fahren weiter. Die Straße ist extrem kurvig, also aufgemerkt:
Wenn du einen Spiegel im Scheitelpunkt der Kurve siehst: Obacht!
Wenn du den Spiegel wegen der tiefhängenden Wolken oder wegen des Regens nicht siehst: Doppelt Obacht!


Fast hatten wir schon vergessen, wie sich das anfühlt: Kälte. Am Pass oben sind wir ziemlich durchgeweicht und frieren, kein Wunder im T-Shirt und kurzen Hosen. Aber da steht die Rettung: Ein gigantisches halbrundes Blechdach, rundum gigantisch verglast, davor zwei gigantische Gipspferde, darin ein gigantisches Schnellrestaurant mit ebenso gigantischen Preisen, aber egal. Wir wärmen uns an zwei leckeren Cappucchino, den teuersten Kambodschas.

Kurz drauf lockt uns die Sonne wieder hinaus: Der Popokvil Wasserfall ist eine Schau, er fällt in zwei Terrassen über etwa 40 Meter tief ins Tal. Außergewöhnlich ist es, hier von oben an den Wasserfall zu kommen. Nichts für nicht Schwindelfreie!

Wir fahren noch ein wenig auf dem Bergrücken herum und entdecken eine furchtbare Bausünde. Hochhäuser mit leeren Fensterhöhlen, hässliche halbfertige Betonklötze, eine riesige Halle, Parkplätze für tausende Autos. Wie die Köpfe von Dinosaurierskeletten hängen rostige Basketballkörbe an schrägen Metallgalgen. Bereits in den 1920er Jahren gab es hier ein französisches Casino, nun wurde ein neues für die chinesischen Gäste gebaut. Rund herum war wohl ein gigantisches Ferienareal geplant – geblieben sind viele Bauruinen. Das meiste steht halbfertig und ungenutzt. So ist das im Kommunismus: Neue Ruinen kommen zu den alten dazu.

Der Platzregen wird immer stärker, wir stellen uns unter dem Vordach einer kilometerlangen, leeren Ladenzeile unter. Der Regen wird zum Starkregen, dann zum Wolkenbruch. Das Trommeln der Tropfen auf dem Dach macht jede Unterhaltung unmöglich. Wir warten eine halbe Stunde.

Auf dem Rückweg muss ich doppelt aufpassen, denn zu der schlechten Sicht kommt jetzt in jeder Linkskurve ein Ölfilm. Und mein gelber 75Cent Regenmantel löst sich im Fahrtwind auf. Bei der nächsten Raststation kaufe ich mir einen neuen in blau und ziehe ihn drüber. Mollig! Erst jetzt fällt uns auf, dass rechts und links entlang den Straßenrändern überall Schilder stehen. „Stop!“ steht drauf, wie wir uns später von Mama übersetzen lassen. Wegen der Landminen natürlich.

Kampot, 3.10.2019 7:00