Fischerhütten in Trincomalee
Die Fischer haben heute morgen ein kilometerlanges Netz ausgebracht. Zwei Taue reichen bis an den Strand. Als wir nachmittags auf unserer Strandwanderung vorbei kommen, ziehen an jedem Ende in der prallen Sonne zwölf bis 15 Mann. Zunächst denken wir, dass es sich um zwei Netze handelt. Später erkennen wir, dass es die beiden Enden eines Netzes sein müssen – vom Netz selbst ist wegen seiner schieren Größe und wegen der Wellen bisher noch gar nichts zu sehen. Von anderen Beobachtern erfahren wir, dass sie die Taue bereits seit Stunden einholen, zunächst mit sechs, später acht, dann zehn Männern an jedem Ende. Jeder Fischer hat eine Art Zuggeschirr um die Hüfte geschlungen, an dem ein Stück Tuch befestigt ist. Das lose Ende wird um das Zugtau gewickelt und mit den Händen festgehalten. So kann der Mann sich mit der ganzen Kraft seiner Beine einstemmen.
Wie ein stilles Ballett bewegt sich der ganze Trupp im zeitlupenhaften Gleichschritt: Sobald der Zug der Strömung ein wenig nachlässt, treten sie alle gleichzeitig einen Fußbreit rückwärts. Ganz hinten steht ein Kamerad, der das eingeholte Tau in einem riesigen Korb aufrollt. Erreicht einer der Ziehenden das hintere Ende, so löst er sein Geschirr und geht, den Rücken gerade streckend, zurück nach vorn an den Spülsaum des Strandes, um sich wieder mit dem Tau zu verbinden. Das Ganze dauert Stunden. Ab und zu sehen wir einen der Männer zur anderen Gruppe wechseln, ganz selten trinkt einer einen Schluck aus dem großen Wasserkanister. Die Anstrengung ist den Leuten deutlich anzusehen. Wir fragen uns: Wie kann ein Netz so schwer sein? Ist der Fang darin so reich? Immer wieder geht unser gespannter Blick aufs Meer hinaus, wo der Bogen der Schwimmkörper zunächst unmerklich, dann immer deutlicher zu sehen ist. Zwei kleine Boote begleiten das Ende. Bereits seit einiger Zeit ziehen die Fischer nicht mehr am Tau, sondern bereits am Netz selbst. Nun steht ganz vorn ein junger Mann bis zum Bauch im Wasser. Er löst die verdrehten Schnüre und zieht die gespannten Maschen auseinander. Ein anderer schwimmt mit Tauchermaske und Flossen entlang des Netzes, auch er scheint die Lage der Schnüre zu kontrollieren. Die Fischertruppe arbeitet eine weitere halbe Stunde stumm in der Sonne. Als sie endlich das letzte Stück Netz hereinholen, werden alle unruhig. Die Männer laufen im seichten Wasser entlang der Maschen bis zum Ende, gleichzeitig ziehen sie das Netz auf den feuchten Sand. Nun kann jeder sehen: Das Netz enthält keinen einzigen Fisch. Die Fischer lassen sich nichts anmerken, sie sind offenbar Enttäuschung gewohnt. Ich brauche jetzt keinen Vortrag über die Überfischung der Meere anzuhängen, das Wissen darüber ist Allgemeingut. Mit eigenen Augen zu sehen und mitzuerleben, wie den kleinen Fischern durch industrielle Fabrikschiffe die Lebensgrundlage entzogen wird, ist jedoch eine ganz andere Sache.
In Trincomalee sehen wir auf dem Fischmarkt, was hier noch gefangen wird: Vor allem Makrelen, ein wenig Tintenfisch, Krabben und Shrimps, kleinere sardinenartige Fische, ein einziger Thunfisch und ein bedauernswerter, kleiner Hai. Mir scheint, die Fische werden meist schon so klein gefangen, dass sie kaum eine Chance haben, sich zu reproduzieren.