Auf Ahnenpfaden durch den Nebel, Erfurt und Hainich

Leider hat es in der Nacht ziemlich heftig geregnet, zu allem Übel ist unser Dachfenster undicht und Andrea entdeckt morgens ein Feuchtgebiet am Fußende des Bettes. Trotz Nieselregen machen wir uns auf zum Hohenwartestausee, um dort die Klinkhardthöhe zu erklimmen. Zu sehen ist dort oben wegen des dichten Nebels rein gar nichts außer gigantischen, schwarzen Schnecken. Aber wir waren immerhin dort. Die Namensgeber müssen ja irgendwie verwandt sein.

Als nächstes Etappenziel steuern wir Erfurt an. Das ist die letzte größere Stadt Thüringens, die wir noch nicht besucht haben. Mit unserem 26 Jahre alten VW Diesel dürfen wir natürlich nicht in die Innenstadt – Umweltzone! Wir parken am Rand derselben und schwingen uns auf die Drahtesel. Auch wenn der Hintern noch von der gestrigen Radtour schmerzt, die bezaubernde Altstadt gefällt uns gut, der Dom und die Severinskirche sind beeindruckend, die Krämerbrücke einzigartig. Dies ist die einzige mit Häusern bebaute Brücke nördlich der Alpen. Der kleine Fluss, den diese Brücke überspannt, war einst Zollgrenze. Die findigen Händler vermieden es, den Zoll zu bezahlen, indem sie ihre Häuser eben auf der Brücke errichteten. Eine mittelalterliche Freihandelszone sozusagen.

Im Hainich, Deutschlands größter zusammenhängender nutzungsfreier Laubwaldfläche gedeihen unzählige Rotbuchen, daneben auch Eichen, Eschen, Ahorne und Linden. Der ehemalige Truppenübungsplatz aus DDR-Zeiten hat eine einzigartige Flora und auch Fauna bewahrt. Am Nachmittag machen wir uns langsam auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz mit Duschmöglichkeit. Heute also ein Campingplatz? Es gibt einige hier, aber schwieriger wird die Suche nach einem Restaurant. Wir haben keine Lust mehr zu kochen, aber Thüringens Dörfer sind hier eine echte Servicewüste. Letztlich fügt sich aber alles bestens, die Einkehr im Brauereigasthof Marktmühle ist ein echter Glückstreffer und der Zeltplatz an der Werratalsperre sehr schön gelegen.

Wieder unterwegs – kleine Deutschlandtour

Die Oberpfalz ist wunderschön, besonders abseits der Autobahn. Eigentlich scheint es, überall ist es wunderschön, sobald man die Autobahn verlässt. Wir haben es nicht eilig, drum fahren wir über Land.

Von Dorf zu Dorf tuckern wir mit unserem alten VW-Bus und erstaunt stellen wir fest, dass es hier in der Oberpfalz zwischen Burglengenfeld, Nabburg, Pfreimd und Weiden nicht nur jede Menge Dörfer gibt, sondern auch dass beinah jedes davon über eine Burg, mehrere Türme und mindestens ein Storchennest auf der Turmspitze verfügt. Der Regen und die Waldnaab sind kleine Flüsschen, die offenbar durch weitgehend naturbelassene Auen mäandern dürfen. Entsprechend wohl fühlen sich hier die Frösche, was wiederum den Störchen gut gefällt. Gestern sind wir spätnachmittags aufgebrochen, haben Niederbayern in gut zwei Stunden durchquert und in Landau im Biergarten zur Post sehr gut gespeist. Die letzte Nacht verbrachten wir direkt am Ufer des Regen in Regenstauf; die ganze Nacht quakten hier die Frösche für uns.

Eigentlich wären wir jetzt in Costa Rica. Doch manchmal kommt es anders als geplant. Unsere Weltreise mussten wir im April schon nach acht Monaten aufgrund der Corona-Pandemie abbrechen. Seither ist viel passiert, die dramatische Zeit in Argentinien, die Repatriation mit Hilfe der französischen, der weißrussischen und ein wenig der deutschen Diplomatie. Schließlich lebten wir ein paar Wochen in unserem Bus, bis wir unsere neue Wohnung beziehen konnten. Das Haus hatten wir ja schon vor der Weltreise aufgelöst, mit den damals eingelagerten Möbeln war das neue Domizil innerhalb weniger Wochen fertig eingerichtet, obwohl wir fast alles allein schleppen mussten. Zu der Zeit war private Umzugshilfe leider verboten. Nun sind wir seit rund zehn Wochen wieder in Deutschland, mein Sabbatical dauert noch an bis Mitte September und wir haben beschlossen, uns wieder auf den Weg zu machen. Diesmal allerdings innerhalb Deutschlands und als Selbstfahrer im Wohnmobil – wie zuletzt in Neuseeland, das war vor knapp einem halben Jahr und kommt uns vor wie in einem anderen Leben.

Wir kurven auf engen Bergsträßchen durch den staubtrockenen Nadelwald. Ist das noch Franken oder sind wir schon in Thüringen? Irgendwann meint Andrea mit Blick auf die Handyapp: Jetzt sind wir „drieben“. Die untere Hälfte des Bleilochstausees umrunden wir auf unseren Fahrrädern. Rund 25 km über teilweise recht steile und ausgesetzte Pfade am Hochufer des Stausees entlang. Zum Glück haben wir unsere antiken Mountainbikes dabei und die Opa- und Oma-Räder ohne Gangschaltung daheim gelassen. Auf zwei Campingplätzen hatten wir kein Glück („Die Rezeption ist leider geschlossen“ und „nur bis 17 Uhr geöffnet“). Also haben wir uns anderweitig umgesehen, die Nacht verbringen wir auf dem Parkplatz des Landgasthofs Wetteraperle nahe Saalburg.